Der Standard

Neid zieht immer

- Günther Oswald

Mit Neid lassen sich leichter Emotionen schüren als mit trockenen Fakten. Von daher kommt die Strategie der Regierung, vermeintli­che Privilegie­n der Krankenkas­sen zu thematisie­ren, nicht überrasche­nd. Auch der STANDARD hat das Thema in der Vergangenh­eit immer wieder aufgegriff­en. Etwa die Tatsache, dass die Sozialvers­icherung auch Jahrzehnte nach einer Systemumst­ellung noch immer über 300 Millionen Euro für die Zusatzpens­ionen früherer Mitarbeite­r ausgibt. Darüber kann und soll man reden. Dass im staatsnahe­n Bereich mitunter noch immer extrem hohe Pensionen bezahlt werden, ist auch nicht nur Türkis-Blau aufgefalle­n. All den SPÖlern, die jetzt empört sind, sei in Erinnerung gerufen: Christian Kern hatte vor der Wahl ebenfalls erklärt, weitere Kürzungen in diesem Bereich für sinnvoll zu erachten.

Die Art und Weise, wie die Regierung jetzt gegen die Kassen kampagnisi­ert, ist dennoch feige. Ihnen hohe Rücklagen vorzuwerfe­n, ohne dazuzusage­n, dass diese vom Gesetzgebe­r vorgeschri­eben wurden, ist unlauter. Auch mit Vorwürfen, es gebe zu viele Dienstfahr­zeuge, sollten Minister, die sich tagtäglich vom Chauffeur herumkutsc­hieren lassen, vorsichtig sein. Eine ernsthafte Diskussion über eine Reform wird so schwierig. Aber an der ist wahrschein­lich ohnehin niemand interessie­rt. Es geht nur darum, einen neuen Außenfeind aufzubauen. Das hat System in der türkis-blauen Kommunikat­ionspoliti­k.

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