Knabbern mit dem Kanzler, singen mit dem Vize
Längst wurde der SPÖ der „Tag der Arbeit“entrissen, heute nutzen alle Parteien den 1. Mai als Großkampftag. Die FPÖ verspürte in Linz Frühlingsgefühle, Kanzler Sebastian Kurz sammelte derweil in Ottakring Komplimente.
Wenn die Frühlingssonne lacht, wird in den blauen Reihen der Arbeit gerne deftig gedacht: Als Fixpunkt im Jahreskalender der FPÖ gilt der Frühschoppen am 1. Mai auf dem Urfahraner Jahrmarkt in Linz.
Die Regie hat sich auch in Zeiten der Regierungsverantwortung nicht geändert: Bratwürstln, Grillhendln, Gerstensaft, musikalisch hingegen leichte Kost dank der John Otti Band – „die einzige Arbeit, die wir heute tun, ist das Bierglas heben“– und ganz viel Heimatgefühl unter den rund 5000 Zuschauern.
FPÖ als „letzte Chance“
Begrüßt von der Moderatorin als „unser Hero“, begleitet von den den Klängen von Falcos Helden von Heute, erklomm erst einmal Oberösterreichs Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) die Bühne: „Österreich erlebt derzeit ein Frühlingserwachen – dank der freiheitlichen Regierungsbeteiligung.“Es sei „unbedingt notwendig“gewesen, dass die FPÖ re- giert. Haimbuchner: „Es ist auch die letzte Chance, damit sich in diesem Land etwas ändert. Denn was wäre die Alternative: SPÖ, ÖVP? Oder die Grünen? Aber die haben sich ja schon selber kompostiert.“
Bekanntes in Blau
In der Folge setzte der freiheitliche Vizebundeschef auf Altbewährtes: Ein Ja zu einem rigiden Asylkurs, ein deutliches Nein zum politischen Islam – „es gibt ja eigentlich keinen liberalen Islam“– und eine Abrechnung mit der „linken Meinungsmafia“.
Aber: „FPÖ wirkt. Wir haben in Oberösterreich durch die Kürzung der Mindestsicherung dafür gesorgt, dass diese kein Migrantenunterstützungsfonds wird.“Und: „Wir sorgen für Normalität im Land. Wir kümmern uns um die Menschen, die fleißig arbeiten, ein Haus bauen, die ihren Garten und ihre Balkonpflanzen pflegen. Das mag für die Linken jetzt lächerlich klingen, aber die glauben ja ohnehin, dass das Leben eine bekiffte Endlosschleife ist.“
FPÖ-Bundesparteiobmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache ortete dann den „großen Katzenjammer“beim roten 1. Mai auf dem Wiener Rathausplatz. „SPÖChef und Kurzzeitkanzler Christian Kern hat diesem Land massiv geschadet. Jetzt ist die Prinzessin Kern gekränkt und gackert auf der Oppositionsbank herum“, setzte der blaue Parteichef zum oppositionellen Watschentanz an.
Dank an Orbán
Die Sozialisten seien „die größten Spekulanten auf dem Rücken der Arbeitnehmer“. Die kommunistischen Ideen von Karl Marx hätten „genug Unheil über die Menschen gebracht“. Strache: „Aber wer so wie die Linken keine Gegenwart und keine Zukunft hat, lebt halt in der Vergangenheit. Zum Glück sind wir heute die neue Arbeiterpartei.“
Den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán galt es aus blauer Sicht, in Schutz zu nehmen: „Man muss nicht alles richtig finden, was in Ungarn passiert, aber die Grenzsicherung und da- mit das Ende der unkontrollierten Zuwanderung haben wir Orbán zu verdanken.“Aber auch in Österreich sei nun „Schluss mit dieser falschen Politik“. Strache: „Unser Innenminister Herbert Kickl ist ein Garant dafür, dass aufgeräumt wird. Er sorgt für mehr Sicherheit in Österreich. Denn wir als FPÖ sind die soziale Heimatpartei – Arbeit muss sich wieder lohnen in unserem Land.“
Hausfrauenpolitik
Fehlen durfte natürlich auch nicht eine ausgedehnte „positive Regierungsbilanz“nach 120 Tagen: „Wir sind der Schrittmacher und Pulsgeber in dieser Bundesregierung.“Erstmals gebe es etwa ein Doppelbudget ohne Neuverschuldung.
Strache: „Wir agieren anders. Nämlich so wie jede Hausfrau: Man kann nicht mehr ausgeben, als man hat. Wir sparen im System und nicht bei den Menschen.“Tosenden Applaus setzt es erwartungsgemäß beim „Nein zum Kopftuch in Kindergärten und Schulen“. Strache: „Wir müssen diesen Mädchen helfen. Es ist die Vorstufe in Richtung Islamismus. Aber ich werde alles dafür tun, dass der politische Islam in Österreich verboten wird.“Man wolle Zuwanderer, die sich integrieren, und keine, „die nur das Handerl aufhalten. Damit ist jetzt Schluss.“
Routiniertes Dauerlächeln
Der türkise Regierungspartner zog die Beschaulichkeit im Herbst des Lebens den johlenden Massen vor. Bundeskanzler Sebastian Kurz besuchte das Pflegeheim „Haus der Barmherzigkeit“in Ottakring. Die Einrichtung gehört zu Österreichs größten privaten Pflegeeinrichtungen mit rund 400 Beschäftigten. Etliche davon waren auch am Tag der Arbeit im Einsatz und wurden von Kurz mit Knabbereien versorgt. Das Personal zeigte sich vom Kanzler durchaus angetan. Gruppenfotos mit dem routiniert lächelnden ÖVP-Chef wurden auf allen Stationen geschossen. Noch besser kam Kurz bei den Bewohnern an. Nicht nur eine ältere Dame rühmte, was der Kanzler für ein fescher Mann sei.