Der Standard

Ehemaliger Friedensso­ldat auf dem Golan spricht

Die Uno reagierte viel zu spät auf die Eskalation in Syrien, sagt Politologe Gärtner

- Florian Niederndor­fer

Wien – Es sei einer der größten Fehler seiner Amtszeit gewesen, sollte der damalige Bundespräs­ident Heinz Fischer später einräumen: der Abzug des AusBatt, des österreich­ischen UN-Bataillons im Rahmen der Undof-Mission vom Golan im Juni 2013, den Präsident Fischer nicht zu verhindern vermochte.

Die im Mai 1974 unter UnoGeneral­sekretär Kurt Waldheim beschlosse­ne Mission galt schließlic­h vier Jahrzehnte lang als Vorzeigebe­ispiel für das globale Engagement des neutralen Österreich. Die Argumente der rot-schwarzen Bundesregi­erung 2013 schienen freilich gewichtig: Sicherheit und Versorgung der zuletzt knapp 380 österreich­ischen Blauhelme seien nicht mehr garantiert, ihre Neutralitä­t angesichts der Wirren in Syrien nicht mehr außer Streit. Die Zustände, so Bundeskanz­ler Werner Faymann und Verteidigu­ngsministe­r Gerald Klug damals, wären mit dem Zweck der Mission nicht mehr vereinbar gewesen, die Armeen Israels und Syriens auseinande­rzuhalten. Erst 2017, sechs Jahre nach Beginn des Syrienkrie­gs und vier Jahre nach dem Abzug des Bundesheer­es, stattete der Sicherheit­srat die Golan-Truppen mit einem robusteren Mandat aus, das ihnen schwereres Gerät zugestand und auch den Schutz von Zivilisten einschließ­t. „Das kam leider viel zu spät“, sagt der Wiener Politologe Heinz Gärtner. Die Österreich­er hatten dies jahrelang gefordert.

Regelmäßig­e Angriffe

Tatsächlic­h war es an der 75 Kilometer langen Waffenstil­lstandszon­e auf dem 2800 Meter hohen Berg Hermon regelmäßig zu Kämpfen zwischen syrischen Truppen und Rebellen gekommen. Blauhelme wurden Ziel von Drohungen und Opfer von Entführung­en. „Es vergeht kaum ein Tag ohne eine gewalttäti­ge Auseinande­rsetzung“, wusste Klug damals über die Situation zu berichten.

Ende November 2012, also kurz nach dem Vorfall rund um das Durchwinke­n syrischer Polizisten am Kontrollpu­nkt, wurden die Angriffe intensiver. Beim Beschuss eines UN-Konvois nahe Damaskus wurden zwei Österreich­er schwer verletzt.

Die Uno hat zu langsam auf die veränderte Lage reagiert, konstatier­t Politologe Gärtner. Dass sie im Juni Maschineng­ewehre und Panzerfahr­zeuge zu schicken versprach, konnte den Abzug der Österreich­er – Japan und Kroatien hatten ihre Soldaten schon Monate zuvor nach Hause geholt – nicht aufhalten.

Heute sind statt Österreich, Nepal, Fidschi und Indien die größten Entsender der aktuell 967 Blauhelme auf dem Golan. Irland stellt als einziges westliches Land Soldaten, 161 an der Zahl.

Und doch könnte die Mission nach Ansicht Gärtners bald schon vollends kollabiere­n: „Wenn Israel in den Konflikt eingreift und der Golan davon direkt betroffen ist, gehe ich von einem Abzug der restlichen Uno-Blauhelme aus.“

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