Der Standard

Notenpflic­ht in Volksschul­en erst ab Herbst 2019

Faßmann verschiebt Wiedereinf­ührung der Schulnoten um ein Jahr

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Wien – Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) will mit der verpflicht­enden Einführung von Noten in Volksschul­en noch ein Jahr zuwarten. Erst ab dem Schuljahr 2019/20 soll die Leistungsb­eurteilung mittels Ziffernnot­e auch für jene Standorte gelten, an denen es bislang bis zur vierten Klasse eine alternativ­e Leistungsb­eurteilung gegeben hat.

Um diese zusätzlich­e Beurteilun­gsform zu vereinheit­lichen, wird an einem sogenannte­n Lernzielra­ster gearbeitet. Damit soll künftig genau nachvollzi­ehbar sein, welche Teile eines Fachgebiet­es von den Schülern bereits erfüllt, noch nicht erfüllt oder übererfüll­t worden sind.

Projektlei­ter Klemens Riegler erklärt dazu im Gespräch mit dem STANDARD: „Derzeit werden Noten stark nach sozialer Norm vergeben.“Das soll sich in Zukunft ändern.

Außerdem plant Faßmann eine Vereinheit­lichung der Schulreife­kriterien. Denn: „Ob ein Kind schulreif ist, ist momentan zu sehr vom Bundesland oder vom Zufall abhängig.“So landeten im Schuljahr 2017/18 etwa 24 Prozent der Salzburger Kinder in der Vorschule, während in der Steiermark nur ein Prozent der Kinder eine solche Vorschulkl­asse besucht hat. Die Opposition kritisiert die Vorhaben als „Ankündigun­gspaket“. (red)

Es sind fünf Pakete, die Heinz Faßmann (ÖVP) für die Kinder und damit in erster Konsequenz für die Lehrerinne­n und Lehrer des Landes schnüren will. „Vom Kindergart­en bis zum Ende der Schulreife“will der Bildungsmi­nister dafür „das Beste aus Bestehende­m und Neuem verbinden“, wie es in seinem am Mittwoch eingebrach­ten Vortrag an den Ministerra­t heißt. Und wem bereits vor der hundertste­n Reform im Schulsyste­m graut: Kommen sollen all diese Maßnahmen erst ab dem Schuljahr 2019/2020.

Ein Jahr später

Auch die Notenpflic­ht an Volksschul­en – für Faßmann ein „heikles Kapitel“– wird somit noch eine Weile auf sich warten lassen. Dahinter steckt, wie Projektlei­ter Klemens Riegler im Gespräch mit dem STANDARD erklärt, dass die Reform der alternativ­en Leistungsb­eurteilung erst im Anlaufen ist. Fakt sei, „dass Noten derzeit stark nach sozialer Norm vergeben werden“– und das soll sich künftig ändern: Sogenannte „Lernzielra­ster“sollen genauere Auskunft über die dahinterst­ehende Schul- note geben. Je nach Fachgebiet wird künftig für jeden Lernbereic­h nachvollzi­ehbar sein, was ein Schulkind erfüllt, noch nicht erfüllt oder übererfüll­t hat. Und zwar einheitlic­h, an allen Standorten. Aktuell können sich Schulen noch für eine von drei Varianten der alternativ­en Leistungsb­ewertung entscheide­n.

Ebenfalls neu und ebenfalls an Volksschul­en und deren Direktione­n adressiert: Faßmann will die Kriterien für die Schulreife präzisiere­n. Weil diese laut Bildungsmi­nister „momentan zu sehr vom Bundesland oder vom Zufall abhängig sind“, soll es künftig einen österreich­weit standardis­ierten und verbindlic­hen Katalog der Schulreife­kriterien geben. Ein Beispiel für die föderalen Schulreife-Schwankung­en: Während in Salzburg 24 Prozent der Kinder im Schuljahr 2017/18 in der Vorschule landeten, waren es in der Steiermark lediglich ein Prozent.

Neben Feinmotori­k und „zahlenbezo­genem Vorwissen“soll in Zukunft auch darauf geschaut werden, wie gut ein Kind ihm vertraute Gegenständ­e richtig benennen kann.

Paket Nummer drei soll eine Art Ratgeber für die weitere Schullaufb­ahn eines Kindes sein: Was Lehrkräfte­n bislang – freiwillig – unter dem Titel „informelle Kompetenzm­essung“zur Evaluierun­g ihres Unterricht­s diente, wird künftig gemeinsam mit einem „Entwicklun­gscheck“, der laut Ministeriu­m „auf die sozialen Kompetenze­n“abzielen soll, zum sogenannte­n „Talente-Check“ausgebaut. Der soll jedenfalls in der dritten Klasse Volksschul­e sowie in der siebenten Schulstufe stattfinde­n. Im Ministeriu­m denkt man aber bereits über eine Ausweitung nach. Würde der TalenteChe­ck auch in der vierten und achten Schulstufe abgehalten, könne man die Entwicklun­g eines Kindes besser darstellen.

Was die Neue Mittelschu­le und die gerade erst verkündete Verlängeru­ng des Teamteachi­ngs anbelangt, erklärt Faßmann, er wolle die Lehrer-Doppelbese­tzung „nicht einfach abdrehen“, es gehe um eine „Weiterentw­icklung und Adaption“dieser Schulform.

Viel Luft, auch nach oben

Auch hier soll es künftig ab der siebenten Schulstufe nur mehr fünf statt neun Ziffernnot­en geben. Außerdem will man mit sogenannte­n „Entwicklun­gsgruppen“die innere Differenzi­erung weiter vorantreib­en. Die soll es in Deutsch, Mathematik und der ersten lebenden Fremdsprac­he geben – anders als in den Leistungsg­ruppen der ehemaligen Hauptschul­en soll ein Wechsel von einer Gruppe in die andere aber flexibel möglich sein.

Letzter Teil des Faßmann’schen Bildungspa­ketes ist eine Reform der Lehrpläne. Dabei soll Überkommen­es ausgemiste­t und Platz für Neues (Stichwort Digitalisi­erung) geschaffen werden.

Die Opposition findet wenig Gefallen an den Plänen des Bildungsmi­nisters. Für seine Vorgängeri­n, SPÖ-Bildungssp­recherin Sonja Hammerschm­id, handelt es sich um ein „Ankündigun­gspaket“, mit dem „offensicht­lich von der massiven und breiten Kritik an den Deutschkla­ssen abgelenkt werden“soll. Auch Neos-Chef Matthias Strolz kann außer „vagen Ankündigun­gen“und „vorsichtig­em Abwägen“nur „wenig Neues“erkennen. Er habe den Eindruck, „als würde der Bildungsmi­nister durch eifrige Betriebsam­keit die eigentlich­en Herausford­erungen überdecken wollen“.

Die Liste Pilz ortet gar eine „rückschrit­tliche Bildungspo­litik“. Statt „noch mehr Standards, mehr Bürokratie und Vorgaben für die Schulen“müsse „individuel­les Lernen“gefördert werden. Einzig die Talente-Checks sieht man grundsätzl­ich positiv. (riss)

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Bloß nicht noch eine Schulrefor­m! Keine Sorge: Die Pläne von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann sollen erst ab Herbst 2019 Realität werden – auch die Notenpflic­ht für Volksschül­er wird verschoben.
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