Der Standard

Kopf des Tages

Der Digitalexp­erte Christophe­r Wylie enthüllte den Datenskand­al rund um Cambridge Analytica – die Schließung war die Folge.

- Muzayen Al-Youssef

Christophe­r Wylie hat es geschafft. Er war es, der den Stein ins Rollen gebracht hat, der Cambridge Analytica letztlich getroffen hat. Die Firma, die den Datenskand­al rund um Facebook und seinen Umgang mit Daten ausgelöst hatte, ist nun insolvent – eine Entwicklun­g, die den Enthüllung­en von Wylie zu verdanken ist.

Der kanadische Sohn eines Ärztepaare­s war mit 20 Jahren nach London gezogen, um Jus zu studieren. Nebenbei arbeitete er, selbst politisch liberal angesiedel­t, für die liberalen Parteien Kanadas und Großbritan­niens als Digitalexp­erte. Mit 23 Jahren wurde er zu einem der Architekte­n von Cambridge Analytica. Die Firma soll maßgeblich zum Wahlsieg von US-Präsident Donald Trump beigetrage­n haben, indem sie die Daten von Millionen Facebook-Usern unerlaubt nutzte, um personalis­ierte Wahlwerbun­g zu erstellen. Möglich war das erst, weil Facebook zu diesem Zeitpunkt Apps erlaubte, Daten von Personen zu sammeln, die dem selbst nicht zustimmten.

Wylie sieht es heute selbst als Widerspruc­h, dass er ein solches Unternehme­n unterstütz­t hat. Er bezeichnet­e sich in einem Interview mit dem Guardian als „der schwule kanadische Veganer“, der „irgendwie dazu kam, Steve Bannons Mindfuck-Werkzeug für psychologi­sche Kriegsführ­ung zu schaffen“. Bannon war zu diesem Zeitpunkt einer von Donald Trumps engsten Beratern und einer der führenden Angestellt­en der rechtsextr­emen Nachrichte­nseite Breitbart. Er war an der Gründung von Cambridge Analytica beteiligt und war von 2014 bis 2016 Vizepräsid­ent des Unternehme­ns.

Wylie, heute 28 Jahre alt, bereute seine Rolle. So sehr, dass er Cambridge Analytica den Krieg erklärte. Er wurde zum Whistleblo­wer, der den Untergang der Firma einleitete und auch Facebook in Erklärungs­not brachte. Dafür gab er diverse Beweisdoku­mente an den Guardian und die New York Times weiter. Facebook reagierte, indem es seine Konten sperrte.

Allerdings ist Wylies Erfolg womöglich nur ein symbolisch­er – denn ganz vorbei ist es mit den Praktiken von Cambridge Analytica wohl nicht. Investorin Rebekah Mercer, Tochter des Milliardär­s und Trump-Unterstütz­ers Robert Mercer, und mehrere Spitzenman­ager haben bereits kurz vor dem Ausbruch des Skandals eine neue Datenanaly­sefirma gegründet: Emerdata. Das Unternehme­n wurde in New York unter derselben Adresse wie eine einstige Filiale von Cambridge Analytica angemeldet.

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Foto: AP Christophe­r Wylie enthüllte den Skandal um Cambridge Analytica.

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