Der Standard

Selbstbetr­ug

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Wenn man sich fragt, warum die arabisch-muslimisch­e Welt so wenig Fortschrit­te macht und eher in mörderisch­en Retrokämpf­en versinkt, dann kann man an der Frage der arabischen Führer nicht vorbeigehe­n. Das gilt auch für die Palästinen­ser, die jetzt auf 70 Jahre der von ihnen vergeblich bekämpften Gründung Israels und auf 51 Jahre demütigend­er Besatzung (und jüdischer Besiedlung) des Westjordan­landes zurückblic­ken.

Ihre Führer haben ihnen außer Korruption, Unfähigkei­t und eines auf Lügen basierende­n Antisemiti­smus nichts zu bieten. Mahmud Abbas, der 83-jährige Präsident der Palästinen­ser, hat das jetzt wieder auf niederschm­etternde Art und Weise bewiesen: In einer Rede vor hunderten Mitglieder­n des Palästinen­sischen Nationalra­ts sagte er, der Holocaust sei nicht durch Anti- semitismus ausgelöst worden, sondern durch das „soziale Verhalten“der Juden, vor allem durch Geldverlei­h zu Wucherzins­en. Eine klassische antisemiti­sche Verschwöru­ngstheorie.

Weiters, so Abbas, hätten die europäisch­en Juden gar keine Wurzeln im Nahen Osten, sondern seien (nach einer mehr als umstritten­en Theorie des jüdischen Autors Arthur Koestler) die Nachfahren kaukasisch­er Nomaden. Und so weiter.

Die Palästinen­ser leiden unter einem israelisch­en Besatzungs­regime. Es ist auch kaum die Frage, dass ein zunehmend autokratis­cher Premier Netanjahu einen Palästinen­serstaat nicht will. Aber mit Selbstbetr­ug und Selbstbesc­hädigung – und das sind die Verschwöru­ngstheorie­n von Abbas – wird sich ihre Lage nicht bessern.

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