Nach Machtkampf neuer Großmeister für den Malteserorden
Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto soll den Ritterorden aus seiner Verfassungskrise führen
Rom – Mehr als ein Jahr nach dem Rücktritt des Großmeisters Matthew Festing Anfang 2017 hat der Souveräne Malteserorden ein neues Oberhaupt. Am Donnerstag wurde Giacomo Dalla Torre del Tempio di Sanguinetto, der am Vortag vom Großen Staatsrat des Ritterordens auf Lebenszeit gewählt worden war, in der Ordenskirche Santa Maria del Priorato auf dem Aventin vereidigt.
Der 73-jährige Dalla Torre hatte seit einem Jahr das Amt des Luogotenente di Gran Maestro, eines Statthalters, inne. Er ist nunmehr der 80. Großmeister in der mehr als neunhundertjährigen Geschichte des Ordens. Das Ergebnis der Wahl unterliegt wie bei einer Papstwahl prinzipiell der Geheimhaltung. Wie der österreichische Malteserritter Gottfried Kühnelt-Leddihn dem STANDARD mitteilte, erzielten die 54 Wahlberechtigten jedoch sehr rasch ein eindeutiges Ergebnis aus dem zuvor erstellten Dreiervorschlag.
Die Wahl Dalla Torres ist ein weiterer Schritt des Malteser- ordens aus einer schweren Krise. Seine Einsetzung als auf ein Jahr befristeter Statthalter war nötig geworden, weil um den Jahreswechsel 2016/17 ein ordensinterner Machtkampf entbrannt war. Der damalige Großmeister Matthew Festing hatte im Dezember 2016 seinen Großkanzler Albrecht von Boeselager abgesetzt, vordergründig wegen der Verteilung von Kondomen im Rahmen eines Ordensprojektes. Faktisch hatte der Botschafter des Vatikans beim Malteserorden, Kardinal Raymond Leo Burke, die Absetzung von Boeselager betrieben. Nach einem wochenlangen Konflikt wurde Festing schließlich von Papst Franziskus zum Rücktritt aufgefordert, von Boeselager wurde rehabilitiert, Burke entmachtet. Zwischenzeitlich führte der Österreicher Ludwig Hoffmann-Rumerstein die Geschäfte des souveränen nichtstaatlichen Völkerrechtssubjekts.
Auf Dalla Torre wartet die Aufgabe, die Verfassung des Ordens zu reformieren. Der mittelalterliche Ritterorden leidet unter einem eklatanten Nachwuchsproblem, das in den strikten Adelsvoraussetzungen für die Führungsmitglieder wurzelt. So waren im Vorjahr lediglich ein Dutzend Personen für das Amt des Großmeisters passiv wahlberechtigt.
Der Malteserorden betreibt mit mehr als 120.000 Freiwilligen weltweit in rund 120 Ländern gut 2000 humanitäre Projekte. Die erste offizielle Verpflichtung des neuen Großmeisters ist bereits ab Freitag die Ordenswallfahrt nach Lourdes, bei der tausende Ordensmitglieder behinderte und kranke Menschen begleiten.