Wiens früher Ausstieg aus Frankenkrediten
Ende 2015 hielt Wien 1,99 Milliarden FrankenFremdwährungskredite. Mit April wurden alle Kredite konvertiert – viel früher als erwartet. Stadträtin Renate Brauner bilanzierte langfristig mit einem Vorteil.
Wien – Die Stadt Wien hat mit 23. April ihre gesamten Frankenkredite konvertiert. Das bestätigte das Büro von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) dem STANDARD. Damit erreichte die rotgrüne Stadtregierung ihr im März 2016 gestecktes Ziel – den schrittweisen Ausstieg aus den Fremdwährungskrediten bis zum Ende der Legislaturperiode – mehr als zwei Jahre früher als erwartet.
Die im Jahr 2016 überarbeitete Ausstiegsstrategie sah vor, wegen der „wirtschaftlichen Situation, des steigenden Sicherheitsbedürfnisses, günstiger Kredite und der politischen Diskussion“die Frankenkredite bis 2020 schrittweise in Eurodarlehen umzuwandeln, wie Brauner bei der Präsentation damals erklärte.
Anfang 2015 nahm die Kritik an den Fremdwährungskrediten stark zu, als die Schweiz den EuroMindestkurs aufgab, der Euro abstürzte und sich die Buchverluste der Stadt über Nacht um rund 300 Millionen Euro erhöhten.
Ende 2015 hielt die Stadt noch 1,992 Milliarden Franken-Fremdwährungskredite. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Verschlechterung im Vergleich zum Kurs vor dem Frankenschock noch 131 Millionen Euro.
Stadt sieht positiven Ausstieg
Im Gegensatz zu den Zahlen von Ende 2015 sei die Stadt nun positiv ausgestiegen, hieß es aus dem Büro der Stadträtin. Die Frankenkredite wurden demnach zu einem Durchschnittskurs von 1,1263 vollständig in Euro konvertiert. Insgesamt sei ein Vorteil von 308,1 Millionen Euro herausgeholt worden.
„Die Stadt Wien hat den schrittweisen Ausstieg aus den bestehenden Frankenfinanzierungen seit 2016 konsequent und – bedingt durch die günstige Kursentwicklung – auch schneller als geplant umgesetzt“, sagte Brauner dem STANDARD.
Mit Ende April 2018 habe die Stadt nun keinerlei Fremdwährungsfinanzierungen mehr in ihrem Portfolio. „Ich bin überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, schrittweise aus den Frankenfinanzierungen auszusteigen. Und das wird auch in Zukunft so bleiben“, so Brauner.
„Wien kann im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit Fug und Recht behaupten, aus der Finanzkrise gelernt zu haben. Risikobehaftete Finanzierungsformen gehören endgültig der Vergangenheit an“, sagte der grüne Budgetsprecher Martin Margulies. Bereits 2011 hatte die Stadtregierung beschlossen, keine neuen Fremdwährungskredite aufzunehmen. Mittlerweile können in der Stadt auch keine Fremdwährungskredite mehr abgeschlossen werden. Das Wiener Landesgesetz über die risikoaverse Finanzgebarung verbietet das bereits seit 2013.
Wien hatte in den 1980er-Jahren damit begonnen, die Abgangsfinanzierung des Haushalts über den Schweizer Franken abzuwickeln. Mit der Wirtschafts- und Finanzkrise kam es zur Verteuerung des Franken gegenüber dem Euro. Von Ende 2011 bis Jänner 2015 galt daher ein von der Schweizerischen Nationalbank festgesetzter Mindestkurs von 1,00 Euro zu 1,20 Franken, dessen Aufhebung im Jänner 2015 zum Kursanstieg des Franken führte.
Zweifel an der positiven Bilanz mit den Franken-Fremdwährungskrediten äußerte die Wiener FPÖ: Der nicht amtsführende Vizebürgermeister Dominik Nepp sagte, dass die langfristige Finanzierungsstrategie der Stadt keinen Gewinn, sondern „in Wahrheit“einen Verlust von 350 Millionen Euro gebracht hatte. Nepp sprach von „Betrug und Täuschung der Wienerinnen und Wiener“. Der Freiheitliche kündigte „mehrere parlamentarische Anfragen“an, die Brauner zu beantworten haben werde. „Sofern sie nicht schon vorher ihr Amt als Finanzstadträtin loswird“, sagte er.
Die Wiener ÖVP bezeichnete den Ausstieg aus den Frankendarlehen als längst „überfällig“. Wien müsse sich jetzt „aus der Schuldenkrise heraussparen“, sagte der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch. „Besser spät als nie“, kommentierte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger den Ausstieg.