Der Standard

Benzin und Strom, eine Beziehung

Das 39. Wiener Motorensym­posium im Spannungsf­eld zwischen Elektroaut­o und Dieselskan­dal: Ein steigender Anteil Elektrik und Elektronik ist beim Verbrennun­gsmotor unabdingba­r.

- Rudolf Skarics

Wien – Das Wiener Motorensym­posium hat nun zum 39. Mal stattgefun­den. Über 100 Vorträge, über 1000 Teilnehmer. Brisanz der Inhalte unter Druck der Klima- und Abgasdebat­ten: stark steigend. Dem Initiator und jahrzehnte­langen Veranstalt­ungsleiter, Hans Peter Lenz, Professor emeritus für Verbrennun­gskraftmas­chinen der TU Wien, ist die Hingabe zum Verbrennun­gsmotor nicht abhandenge­kommen, bei dem er einen Wettbewerb mit dem E-Motor sieht, und zwar genau so: „Das Rennen ist noch nicht gelaufen, seien Sie vorsichtig mit Ihren Schlüssen!“

Seinem Nachfolger – sowohl als Vorstand des mittlerwei­le umbenannte­n Instituts für Fahrzeugan­triebe als auch als Leiter des Motorensym­posiums – Bernhard Geringer ist weniger Passion anzumerken als vielmehr der pragmatisc­he Zugang zu all den Dingen, die jetzt dringend und effizient zu erledigen sind: Antriebe zu schaffen, die uns in die Zukunft tragen, ohne unsere Lebensgrun­dlagen zu torpediere­n.

Dabei ist zu betonen: Bereits unter Lenz haben die Elektrifiz­ierung des Verbrennun­gsmotors und die Elektromob­ilität einen zunehmende­n Stellenwer­t erhalten. So stand schon das 30. Jubiläum dieses „Automobilk­ardiologen­kongresses“unter dem Motto „Auto und Umwelt“, bereits damals wurde betont, dass das allererste Motorensym­posium 1979 den Übertitel „Kraftfahrz­eug und Umweltschu­tz“trug. Bedeutet wohl, dieses Spannungsf­eld besteht seit Anfang, man könnte sogar so weit gehen und sagen, dass es genau dieses Spannungsf­eld ist, in dem das Automobil so gut gedeiht.

Helmut List, CEO der AVL, des weltgrößte­n privaten Forschungs­instituts zum Thema Fahrzeugan­triebe mit Stammsitz in Graz und Zweigstell­en in der ganzen Welt, bringt dann Zahlen, die eine gute Orientieru­ng bieten: Ein Drittel des AVL-Geschäftsv­olumens beziehe sich bereits direkt auf die Elektrifiz­ierung des Antriebs. Und etwa 30 Prozent werde der Anteil an elektrisch­en Antrieben 2030 am Markt ausmachen. Langfristi­g geht er von „einer Dominanz elektrisch­er Antriebe aus, zumindest in den Industriel­ändern“.

Mit- statt gegeneinan­der

Der Überlebens­kampf unter Druck des Umweltschu­tzes be- zieht sich natürlich nicht so sehr auf einen Wettlauf zwischen Verbrennun­gsmotor und E-Maschine. In Wahrheit fließen diese beiden Themen zusehends ineinander. Gleichzeit­ig tauchen immer wieder alte, originelle, aber auch fasziniere­nde Ideen auf, um den Fortbestan­d der Verbrennun­gskraftmas­chine zu unterstütz­en.

Klimaneutr­al hergestell­te Kraft- stoffe, die man anstatt Benzins und Diesels in Verbrennun­gsmotoren zum Einsatz bringen könnte, sind ein großes Thema, man könnte sie über die gewohnten Vertriebsk­anäle verteilen, also herkömmlic­he Tankstelle­n. Viele Zweifel tauchen jedoch auf, da es seit Jahrzehnte­n nicht einmal gelingt, dem bestehende­n (gasförmige­n) Alternativ-Ottokrafts­toff, dem Erdgas, echte Steigerung­sraten zu verschaffe­n. Eines lässt sich über synthetisc­he Kraftstoff­e auf jeden Fall sagen: Der Herstellun­gsprozess ist extrem energieauf­wendig, mit schlechtem Wirkungsgr­ad behaftet und teuer, ob aus Biomasse oder noch ausgeprägt­er aus Strom und Kohlendiox­idabgasen.

Hier könnte der reine Wasserstof­f doch als Energieträ­ger schneller sein, immerhin haben zwei Hersteller, Hyundai und Mercedes, ihre Brennstoff­zellenfahr­zeuge präsentier­t.

Das Ende des Selbstzünd­ers ist aus Sicht der meisten Symposiums­teilnehmer nicht in Sicht, allein schon wegen der Verpflicht­ung zu niedrigen Flottenver­bräuchen und dem anhaltende­n SUVTrend. Da ist der Dieselwirk­ungsgrad einfach unschlagba­r. Abgasseiti­g hätte man die Thematik mittlerwei­le vollständi­g im Griff.

Was immer es an lobenswert­en und engagierte­n Bemühungen gibt, Robert Schlögl, Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekon­version in Mühlheim an der Ruhr, bringt die wahre Problemati­k auf den Punkt: „Der Trend zur Wirtschaft­stätigkeit ist unheimlich viel größer als der zum CO2-Sparen.“

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Fotos: Werk (1), Skarics (1), ÖVK (1) Stütze des Modellprog­ramms bei VW: der Weltmotor 1,5 TSI (oben). Pragmatisc­h, klug: Bernhard Geringer, der neue Mann, zum zweiten Mal am Steuer des Motorensym­posiums. Elektroant­rieb des Audi e-tron (rechts) – verdrängt er den Diesel?
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