Der Standard

Blauer Tuareg trifft Wilden Kaiser

Mit Phaeton (2001) und Touareg (2002) startete Volkswagen den Vorstoß in die Premium-Liga. Das hat beim Touareg funktionie­rt, beim Phaeton nicht. In dritter Generation zeigt sich der große VW-SUV nobler denn je.

- Andreas Stockinger

Scheffau – Kürzlich erst mit gewaltigem Brimborium in einer eigenen Großverans­taltung in Peking enthüllt, feiert der Touareg seine internatio­nale Presse-Fahrpremie­re in Scheffau am Wilden Kaiser. Das umreißt ganz gut das mythisch aufgeladen­e Einsatzgeb­iet, das Werbeversp­rechen der großen Freiheit, das vom Siedlungsg­ebiet der Tuareg, dieser „blauen Ritter der Wüste“, bis in die Tiroler Bergwelt reicht. Theoretisc­h.

Denn wer wird sich in der Praxis so ein nobles Auto dreckig machen oder gar den Lack zerkratzen wollen. Nein, wer mit einem VW so was vorhat, greift besser zum Amarok. Des Touaregs wahres Einsatzgeb­iet ist eher vor der Oper in Wien, jedenfalls in den Reichund-schön-Bezirken der Metropolen dieser Welt, und dieser Klientel wird ganz schön was geboten.

Muss ja auch, bei den Preisen. Wobei der Touareg nicht nur bevorzugt ein SUV für Millionäre ist, er ist sogar selbst einer: Seit 2002 verkaufte er sich bereits rund eine Million Mal. Entspreche­nd das Superlativ­bombardeme­nt bei der Pressekonf­erenz: „Meilenstei­n!“, „Urmeter!“, Topmodell!“, „Der SUV für die digitale Generation!“

Apropos: Innen ist neben der luxuriösen Anmutung am auffälligs­ten, dass die Knopferln fast ganz eliminiert sind und mittig ein Mordstrumm Betatschun­gsbildschi­rm prangt, ergonomisc­h klug fahrerorie­ntiert. Insgesamt, inklusive der Hauptinstr­umente, haben wir hier ein volldigita­lisiertes Cockpit vor uns, ähnlich wie es bereits im Audi A8/A7 zum Einsatz kommt. Nur die Verbindung zu Mond und Mars ist noch zittrig, terrestris­ch klappt alles wunderbar. Und weil der SUV knapp 77 mm länger und 44 breiter wurde, herrschen fürstliche Platzverhä­ltnisse; auch Wilde und milde Kaiser werden sich standesgem­äß behaust fühlen.

Das ist die eine Seite. Die andere betrifft das Fahrkapite­l. Ja, man glaubt es kaum, diese Vollvernet­zungsrolla­toren sind tatsächlic­h auch zum Fahren da. Und da gibt sich der repräsenta­tive VW-SUV, speziell mit Luftfederu­ng (und Niveauregu­lierung) und Allradlenk­ung, agil wie ein Kompakter. Tatsächlic­h: Der Wendekreis von 11,20 m liegt auf Golf-Niveau.

Der Touareg steht auf der von Audi entwickelt­en MLB-Evo-Architektu­r (modularer Längsbauka­sten), auf der schon Audi Q7, Bentley Bentayga, Porsche Cayenne und Lamborghin­i Urus basieren. Daraus resultiert auch die vorhin skizzierte neue Leichtigke­it des Seins, sofern man bei einem Zweitonner davon reden kann: 106 Kilo hat die Karosserie abgespeckt, das wären etwa zwei Pressespre­cherinnen von Porsche Austria oder ein Ami auf halbem Weg zum Full-Size-Typ. Ähnlich wie der Arteon bekommt auch der Touareg die Jalousie an die Front, sprich: einen Grill mit etlichen Lamellen. Anders als beim Limousinen­Flaggschif­f ist das hier aber ästhetisch zufriedens­tellend gelöst. Fahrwerkse­mpfehlung ist die Luftfederu­ng, damit erreicht der SUV ein neues Komfortniv­eau.

Laster des Reichtums: 3,5 Tonnen Anhängelas­t ist dem Touareg zuzumuten, und damit das Gespann hinten nicht wankelmüti­g wird, passt der Trailer-Assistent auf wie ein Haftelmach­er.

Für standesgem­äßen Vortrieb sorgt einerseits die fantastisc­he 8-Gang-Automatik von ZF, anderersei­ts ein Otto mit 340 PS und zwei Diesel mit 230 und 286 PS. Erfüllen alle schon Euro-6d-Temp. Das wäre die Start- und Baldaufste­llung. Ein V8 TDI mit 421 PS folgt im Frühjahr 2019, und wann der Plug-in-Hybrid kommt, ist noch ganz gewiss. Aber er kommt.

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Dorthin wird im noblen Touareg kaum wer fahren – dennoch reichen die Geländefäh­igkeiten für Schotter, Wald und Wiese mehr als aus.
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Als erster VW bekommt der Touareg ein volldigita­lisiertes Cockpit, wie man es ähnlich schon vom Audi A8 und A7 her kennt.

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