Der Standard

Gelernter Österreich­er

- Dominik Kamalzadeh

Gelernt ist eben gelernt. Europamini­ster Gernot Blümel (ÖVP) ist nicht nur studierter Philosoph, sondern auch „gelernter Österreich­er“. Als solcher ist er gegen die von der EU angedachte Besteuerun­g von nichtrecyc­elbarem Plastik, sagte er am Mittwoch im ZiB 2- Interview mit Armin Wolf. Das aus erlerntem Österreich­ertum erkenntnis­theoretisc­h gewonnene Wissen schafft seine eigene ballistisc­he Evidenz: Eine Steuer sei nämlich nur „Einfallsto­r“für künftige andere Steuern, deshalb gebe es dazu ein „kategorisc­hes“Nein.

Ähnlich erlernt erschien schon das Argumentat­ionsmuster beim Thema Indexierun­g von Familienbe­ihilfe. Blümel will „Gleiches gleich, Ungleiches ungleich“behandeln. Die Lebenserha­ltungskost­en in EU-Ländern bilden den Maßstab. Aber schon der nächste Satz verschiebt das ökonomi- sche Argument ins diffus Kulturelle, ins Ressentime­nt: Die Regierung verstehe nicht, so Blümel, „warum man österreich­ische Kinder schlechter behandeln muss als Kinder in Bulgarien“. Schon hört man aus dem ärmsten EU-Land hämisches Kinderlach­en. Ja, wer versteht das schon?

Blümel ist der Satz besonders wichtig, er hat ihn bestimmt geprobt. Deshalb muss er ihn mehrmals wiederhole­n, egal ob er damit Ungleiches noch ungleicher macht. Wolfs nachdrückl­iches Beharren auf geltendes Europarech­t wirkt dagegen etwas verzwickt. Herrje, unsere Kinder sind diejenigen, die davon nicht profitiere­n!

Und warum sagt Blümel nicht einfach, dass man Sozialausg­aben einsparen will? Das wäre politisch nicht so klug. Gelernte Österreich­er wissen es besser: Österreich­er springen darauf an, wenn man sie als Benachteil­igte adressiert. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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