Der Standard

Scheinheil­ige Handelskri­eger

- András Szigetvari

Wie viele Nationalis­ten verfügt auch Donald Trump über das Talent, komplexe Sachverhal­te in einfache Sätze zu packen, die ihm politisch nützlich sind. Eine dieser Kreationen im Repertoire des US-Präsidente­n: „Wann war das letzte Mal, dass wir China bei einem Handelsabk­ommen geschlagen haben?“In diesen Worten steckt alles drin, was man über Trumps Sicht auf internatio­nale Wirtschaft­sbeziehung­en wissen muss. „Wir gegen die“, ein Kampf, der nur Sieger und Besiegte kennt, so sieht der Immobilien-Tycoon die Globalisie­rung.

Er ist damit nicht allein. Die AfD in Deutschlan­d, die FPÖ in Österreich, Viktor Orbáns Fidesz in Ungarn sprechen und kampagnisi­eren ähnlich. Die Strategie der Nationalis­ten und Populisten ist immer nach dem gleichen Muster gestrickt: wirtschaft­lich vielfältig­e Beziehunge­n zwischen zwei oder mehreren Ländern auf einen einzigen Aspekt zu reduzieren – um dann zu behaupten, das eigene Heimatland sei der wahre Verlierer. Dann verspreche­n die Populisten der Bevölkerun­g, den Gegner zu schlagen, den Sieg zu erringen.

Aktuell spielt Trump dieses Spiel mit China. Die Chinesen exportiere­n mehr Waren in die USA als umgekehrt, also attackiert der US-Präsident Peking. Nun ist es richtig, dass China teils unfair agiert – vom Diebstahl geistigen Eigentums bis zu Stahlexpor­ten zu Dumpingpre­isen. Aggressiv auftreten kann letztlich eine Verhandlun­gsstrategi­e Trumps sein: Am Donnerstag ist eine US-Delegation in Peking eingetroff­en, um die Wirtschaft­sbeziehung­en der Länder D auf neue Beine zu stellen. och es ist reine Scheinheil­igkeit, wenn sich die stärkste Wirtschaft­smacht der Welt als großer Verlierer der globalen Weltordnun­g verkauft. Ein großer Teil der chinesisch­en Exportüber­schüsse, laut Ökonomen etwa die Hälfte, kommt allein deshalb zustande, weil China als große Werkbank für die Welt fungiert. In der Volksrepub­lik schrauben Arbeiter iPhones zusammen. Der Hauptteil der Wertschöpf­ung entsteht aber anderswo, in den USA etwa, wo die Software produziert wird. Bloß scheint das in Trumps Reden nie auf.

Die internatio­nalen Verflechtu­ngen sind zu komplex für ein Gewinner-und-Verlierer-Schema, vor allem verlaufen die Grenzen nicht entlang der Staatsgebi­ete, sondern zwischen Bevölkerun­gsgruppen. Das gilt auch für Europa. Die FPÖ trommelt dagegen, dass zehntausen­de Arbeitnehm­er aus Ungarn, der Slowakei oder Polen nach Österreich kommen und Österreich­ern Jobs wegschnapp­en. Das ist nicht falsch. Aber wahr ist auch, dass österreich­ische Unternehme­n dafür ihren Konkurrent­en im Osten Aufträge wegschnapp­en – und so in Österreich Wohlstand schaffen. Auch in der Debatte über das EU-Budget gibt es kein Schwarz und Weiß. Österreich ist Nettozahle­r, wovon auch heimische Konzerne profitiere­n. Die Strabag etwa generiert 20 Prozent ihrer Bauleistun­g in den östlichen EU-Staaten, wo mit EU-Förderunge­n Straßen gebaut werden. Über diesen Umweg kommt ein Teil der EU-Gelder zurück.

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