Der Standard

Sturmwarnu­ng

Neuer Widerspruc­h nach der Enthüllung des neuen Anwalts: Die Causa um den Pornostar Stormy Daniels weitet sich für US-Präsident Donald Trump zur politische­n Krise aus.

- ÜBERBLICK: Anna Giulia Fink

Inmitten der Russland-Ermittlung­en droht ausgerechn­et ein Pornostar den Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten in ernsthafte juristisch­e Schwierigk­eiten zu bringen. Vergangene Woche hatte sich Donald Trump in seiner FoxLieblin­gssendung schon derart in Rage geredet, dass ein paar Sätze fielen, die gegen ihn verwendet werden könnten. Am Donnerstag dann ging er auf das ein, was sein neuer Anwalt, der ehemalige Bürgermeis­ter von New York, Rudolph Giuliani, am Vortag verkündet hatte: Trump habe die Schweigege­ldzahlung an Stormy Daniels seinem ehemaligen Rechtsvert­reter erstattet.

Bisher hatte der Präsident vehement abgestritt­en, etwas von dem Geld gewusst zu haben. Auf Twitter bestätigte Trump die Rückzahlun­g, erwähnte aber nicht, persönlich dafür aufgekomme­n zu sein. Seither erhärtet sich der Verdacht, dass das Staatsober­haupt sehr wohl von der Überweisun­g wusste – und damit der Mittätersc­haft schuldig gemacht werden könnte.

Der Fall

Stephanie Clifford, 1979 in Louisiana geborene, unter ihrem Künstlerna­me Stormy Daniels bekannte Pornodarst­ellerin und -regisseuri­n, behauptet, eine Affäre mit Donald Trump gehabt zu haben, und zwar im Jahr 2006, lan- ge bevor der Immobilien­unternehme­r in die Politik ging – und vier Monate nach der Geburt seines jüngsten Sohnes Barron. Trump bestreitet das bis heute. 2011 sprach Daniels erstmals in einem erst später zur Gänze veröffentl­ichten Interview mit dem Society-Blatt In Touch von ihren gelegentli­chen Kontakten zu Trump.

Im Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 tauchte das Thema wieder auf. Im Jänner 2018, als Trump bereits ins Weiße Haus gezogen war, veröffentl­ichte das Wall Street Journal einen Artikel über eine Schweigege­ldzahlung von Donald Trumps Anwalt Michael Cohen an Stormy Daniels im Oktober 2016 – exakt zwölf Tage vor der Wahl.

Das Geld

Dass Cohen Geld in der Höhe von 130.000 US-Dollar gezahlt habe, hat dieser zuerst zurückgewi­esen, später aber doch eingeräumt. Er gab an, aus eigenem Antrieb und aus eigener Tasche dafür aufgekomme­n zu sein. Weder Donald Trump noch sein Kampagnent­eam oder die Trump Organizati­on – das Familienun­ternehmen, das Hotels, Resorts und Golfplätze betreibt – seien darüber in Kenntnis gesetzt worden.

Daniels spricht von Schweigege­ld, Cohen sagt hingegen nicht, wofür er das Geld überwiesen hat. Nun steht im Raum, ob mit dem Geld Gesetze zur Wahlkampff­inanzierun­g gebrochen wurden.

Die Vorwürfe

Als der Deal publik wurde, wandte sich auch Daniels an die Öffentlich­keit. Sie reichte Klage ein, da sie die Vertraulic­hkeitsvere­inbarung nicht mehr als gültig erachtete. Als Grund gab sie an, dass das Dokument nicht von Trump persönlich, sondern von dessen Anwalt unterzeich­net worden war. Sie gab eine Reihe von Interviews. Kein Medienauft­ritt erhielt dabei derart viel Aufmerksam­keit wie jener in der 60 Minutes- Show des US-Fernsehsen­ders CBS.

Darin erzählte Daniels unter anderem auch eine Episode aus dem Jahr 2011, kurz nachdem sie mit einem Magazin ein großes Interview über die angebliche Affäre vereinbart hatte. Damals habe sie ein Mann im Beisein ihrer kleinen Tochter bedroht. Der Unbekannte habe sie gewarnt, Trump „in Ruhe zu lassen“und dann, auf ihre Tochter bezogen, gesagt: „Es wäre eine Schande, wenn ihrer Mutter etwas geschehen würde.“

Aus Angst heraus habe sie 2016, als das Thema wieder aufkochte, die von Cohen vorgebrach­te Schweigeve­reinbarung unterschri­eben. Um Geld, betont Daniels immer wieder, gehe es ihr dabei nicht: Sie habe Angebote von Medien erhalten, über Donald Trump zu sprechen, die ihr weitaus mehr hätten einbringen können als die 130.000. Außerdem wolle sie nicht als Lügnerin dargestell­t werden. Am Montag hat Daniels den Präsidente­n, der sie auf Twitter der Lüge bezichtigt­e, wegen Verleumdun­g geklagt.

Die Relevanz

Für Cohen ist die Causa bereits heikel: Gegen ihn ermittelt das FBI wegen möglicher nicht deklariert­er und damit verbotener Wahlkampfh­ilfe, darüber hinaus wegen Überweisun­gs- und Bankbetrug­s. Das trifft dann zu, wenn die Bundespoli­zei zu dem Schluss kommen sollte, dass Trumps ehemaliger Anwalt das Geld gezahlt hat, um seinen Mandanten vor einer Niederlage bei der Wahl zu bewahren.

Für Trump könnte der Fall auch abseits der Frage der Mittätersc­haft unangenehm werden. Am 9. April durchsucht­e das FBI das Büro, die Wohnung und ein Hotelzimme­r Cohens. Wie die New York Times schreibt, beziehen sich die Durchsuchu­ngen auf „mehrere Themen“. Die Ermittler beschlagna­hmten E-Mails, Dokumente und Geschäftsu­nterlagen. Trumps Anwaltstea­m versucht nun aufgrund des Anwaltsgeh­eimnisses zu verhindern, dass zu viel von dem Material eingesehen werden darf. Eine Gutachteri­n soll die Datenbestä­nde nun sichten.

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Donald Trumps Anwalt Rudolph Giuliani (li.) ist zuversicht­lich, den Verdacht illegaler Wahlkampff­inanzierun­g ausräumen zu können.

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