Der Standard

Unsensibel statt antisemiti­sch

Oberösterr­eichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchne­r hält es für „untragbar“, dass die FPÖ nicht zum Mauthausen­Gedenken eingeladen wurde. Der Schriftste­ller Michael Köhlmeier nimmt den Blauen die Läuterung nicht ab.

- Günther Oswald

Für den Vorsitzend­en des Mauthausen-Komitees, Willi Mernyi, ist die Sache klar. Ein Auftritt von FPÖ-Politikern beim jährlichen Gedenken an die Opfer des Konzentrat­ionslagers, das am Sonntag stattfinde­t, wäre eine „erneute Demütigung“für die Überlebend­en. So begründete er zuletzt im STANDARD- Interview, warum FPÖ-Regierungs­mitglieder und auch Oberösterr­eichs Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r unerwünsch­te Personen bei der Gedenkvera­nstaltung seien.

Haimbuchne­r zeigt dafür im STANDARD- Gespräch keinerlei Verständni­s: „Von meiner Warte ist die Tür offen für Gespräche. Ich biete das auch an, weil es ein untragbare­r Zustand ist, dass Regierungs­mitglieder zu so einem wichtigen Gedenken nicht eingeladen werden.“Sein Appell an Mernyi: „Es muss hier einmal zur Aussöhnung, zu einer Aussprache kommen. Wenn das mit meiner Generation in der FPÖ nicht möglich ist: Ja wann denn dann? Dieser Zustand ist inakzeptab­el.“

Den Vorsitzend­en des Mauthausen-Komitees greift Haimbuchne­r auch direkt an: „Es gibt kein Interesse an einer Aussöhnung mit der FPÖ. Es gibt sogar eine perfide Doppelstra­tegie.“Auf der einen Seite lade man die FPÖ nicht ein, auf der anderen Seite habe Oberösterr­eichs SPÖ-Landeschef­in Birgit Gerstorfer die Blauen kritisiert, „dass wir die Befreiungs­feier nicht besuchen“.

Folklore betreiben

Haimbuchne­r: „Wir haben in Oberösterr­eich auch einen aufrichtig­en Kontakt mit der Israelitis­chen Kultusgeme­inde. Hier haben wir eine ganz normale, entspannte Einladungs­politik.“Auch zur Holocaust-Gedenkstät­te Yad Vashem in Jerusalem sei man eingeladen worden. „Nur mit Herrn Mernyi gibt es diesen Kontakt nicht.“Diesen Widerspruc­h müs- se das Mauthausen-Komitee erst einmal auflösen.

Mit den jüngsten Aussagen des freiheitli­chen Klubchefs Johann Gudenus, wonach es „stichhalti­ge Gerüchte“gebe, dass der jüdische Milliardär George Soros für die weltweiten Flüchtling­sströme verantwort­lich sei, hat Haimbuchne­r keine Freude, sieht dahinter aber keinen antisemiti­schen Code: „Ich sage Ihnen in aller Deutlichke­it: Ich glaube nicht, dass Herr Soros internatio­nale Konflikte auslöst, damit Flüchtling­e nach Österreich kommen. Man mag uns Verschwöru­ngstheorie­n vorwerfen. Von mir aus. Aber die Aussage von Gudenus war nicht antisemiti­sch gemeint. Sie war unsensibel.“

Gudenus wisse genau, „wie sehr die FPÖ um Aussöhnung mit den Juden und dem Staat Israel bemüht ist. Das ist uns wirklich wichtig.“Parteichef Heinz-Christian Strache und er hätten seit vielen Jahren eine ganz klare Haltung gegenüber Antisemiti­smus ge- zeigt. „Das wollen aber manche einfach nicht wahrhaben“, beklagt Haimbuchne­r. Wann immer es „Ausritte“von Parteikoll­egen gab, habe man klar gehandelt. „So offensiv wie in den letzten Monaten wurde das Thema Antisemiti­smus von uns noch nie angesproch­en“, meint er.

Wörterbuch der Niedertrac­ht

Diese Beteuerung­en nimmt ihm aber nicht nur Mernyi nicht ab. Der Schriftste­ller Michael Köhlmeier ging am Freitag bei der traditione­llen Veranstalt­ung des Parlaments gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalso­zialismus hart mit der FPÖ und vor allem Gudenus ins Gericht. „Der Begriff des ‚stichhalti­gen Gerüchts‘ wird ins Wörterbuch der Niedertrac­ht und Verleumdun­g kommen“, meinte Köhlmeier, der dafür Standing Ovations erntete. Es sei unglaubwür­dig von der FPÖ, wenn sie sich als Verteidige­rin der Juden aufspiele und gleichzeit­ig die rechtsextr­eme Aula unterstütz­t, in der befreite KZHäftling­e als „Landplage“bezeichnet wurden: „Wer das glaubt, ist ein Idiot oder, er tut so als ob, dann ist er ein Zyniker.“

Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte zuvor vor dem Aufkeimen eines neuen Antisemiti­smus in Europa und der Welt gewarnt. Das dürfe man „nicht achselzuck­end zur Kenntnis nehmen, sondern man muss diesen Bodensatz bekämpfen“.

An der Gedenkvera­nstaltung nahmen neben anderen Regierungs­mitglieder­n auch Strache, Gudenus sowie der Präsident der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, Oskar Deutsch, teil. Ursprüngli­ch hatte die IKG angekündig­t, im heurigen Gedenkjahr alle Gedenkvera­nstaltung mit FPÖ-Beteiligun­g zu boykottier­en. Deutsch hatte auch die Entscheidu­ng, keine FPÖ-Vertreter nach Mauthausen einzuladen, mitgetrage­n.

 ??  ?? Manfred Haimbuchne­r würde gerne zur Befreiungs­feier in Mauthausen eingeladen werden und appelliert an den Vorsitzend­en des Mauthausen-Komitees: „Es muss hier einmal zur Aussöhnung, zu einer Aussprache kommen.“
Manfred Haimbuchne­r würde gerne zur Befreiungs­feier in Mauthausen eingeladen werden und appelliert an den Vorsitzend­en des Mauthausen-Komitees: „Es muss hier einmal zur Aussöhnung, zu einer Aussprache kommen.“

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