Der Standard

Wie sich Kern mit Kreisky misst

SPÖ-Chef verspricht Gegenmodel­l zu „Führerpart­eien“

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Wien – Christian Kerns Wortwahl birgt, vor den Feiern zum Tag der Befreiung vom NS-Regime, eine Provokatio­n. Eine Demokratis­ierung habe sich die SPÖ verordnet, sagt der Parteichef: „Als Gegenmodel­l zu den Führerpart­eien, die wir in der Regierung haben.“

Unter Führerpart­ei versteht Kern, „dass einer allein das Sagen hat“– ein Verdacht, unter dem seine eigene Partei auch schon stand. Doch damit soll nun Schluss sein. Die SPÖ müsse wieder eine politische Kraft zur Veränderun­g der Gesellscha­ft sein und keine Systemerha­lterin mit einer „abgehobene­n Funktionär­skaste“, fordert der Obmann: „Nicht, dass wir das sind. Aber tendenziel­l sind sich manche schon selbst genug.“

Der Wandel sei längst im Gang, sagt Kern und meint damit die Debatte über das neue Parteiprog­ramm. 16.000 Genossen, darunter auch etliche Gastmitgli­eder, hätten über den im Februar vorgelegte­n Erstentwur­f diskutiert. An Beteiligun­g von außen habe es ebenso wenig gemangelt, ergänzt Parteiorga­nisatorin Andrea Brunner. Die 1400 Experten, die einst Bruno Kreisky Input geliefert haben sollen, habe die SPÖ de facto übertroffe­n.

Daraus wird eine Neuversion entstehen, die in zwei Abstimmung­en beschlosse­n werden soll: am 28. Mai im Parteivors­tand, in den letzten beiden Juniwochen von sämtlichen SPÖ-Mitglieder­n. Wer mitmachen will, muss bis Mitte Mai der Partei beitreten.

Kritik an „Alles Roger“-Inserat

Kern’sche Anmerkung abseits der Programmde­batte: Dass das blau regierte Innenminis­terium in der Zeitschrif­t Alles Roger, die in einem verschwöru­ngstheoret­ischen Artikel über George Soros „antisemiti­sche Hetze“betreibe, mit Steuergeld Inserate schalte, sei ein „Tabubruch“. Wenn es in der ÖVP „einen Rest christlich­en Anstandes“gebe, dürfe diese das nicht mit einem Achselzuck­en quittieren. (jo) Kommentar S. 40

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