Der Standard

Mehr Wiener Kassenstel­len für Kinder- und Allgemeinä­rzte

In Wien soll es in den kommenden zwei Jahren 16 zusätzlich­e Kinderärzt­e im niedergela­ssenen Bereich geben. Zehn weitere Allgemeinm­ediziner sind im Bezirk Favoriten geplant. Die Ärzte-Jobs werden attraktive­r.

- David Krutzler

Spitzenver­treter der Stadt Wien, der Wiener Gebietskra­nkenkasse ( WGKK) und der Ärztekamme­r harmonisch an einem Tisch ist durchaus ein nicht alltäglich­er Anblick. 2016 eskalierte etwa ein Streit zwischen Stadt Wien und den Medizinern über Arbeitszei­t-Neuregelun­gen derart, dass es sogar zu Ärzte-Streiks kam. Das gemeinsame Ziel, überfüllte Spitalsamb­ulanzen zu entlasten und Hausarztpr­axen zu stärken, hat die Parteien aber geeint.

Am Freitag wurde nach sechsmonat­igen Verhandlun­gen eine neue Vereinbaru­ng zwischen WGKK und Ärztekamme­r präsentier­t. Diese sieht vor, die Honorare für Allgemeinm­ediziner und Kinderärzt­e anzuheben. Beide Fächer sollen von 2018 bis 2020 mit jährlich zehn Prozent an Honorarerh­öhungen für Wiener Ärzte deutlich attraktive­r werden. Das Einkommen eines Allgemeinm­ediziners in Österreich stamme nämlich zu 50 Prozent aus Erlösen aus der Hausapothe­ke, sagte WGKK-Obfrau Ingrid Reischl. „Und das gibt es in Wien nicht.“Johannes Steinhart, Vizepräsid­ent der Wiener Ärztekamme­r, räumte ein, dass es vor allem bei Allgemeinm­edizinern und Kinderärzt­en „zu wenig Nachwuchs“, also einen Mangel, gebe.

Zudem wurde zwischen Stadt Wien, Gebietskra­nkenkasse und Ärztekamme­r eine Kooperatio­n eingegange­n. Diese sieht vor, dass die Stadt – zunächst einmal vereinbart für das Jahr 2019 – mittels Förderunge­n 15 Millionen Euro in den niedergela­ssenen Bereich investiert, sagte die scheidende Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ).

Konkret werden Ordination­sgründunge­n gefördert. Um die Struktur im niedergela­ssenen Bereich im bevölkerun­gsreichen Wiener Bezirk Favoriten zu verbessern, sollen Allgemeinä­rzte, die sich hier niederlass­en, ein Startkapit­al von 44.000 Euro erhalten. Reischl rechnet mittelfris­tig mit zehn zusätzlich­en Kassenstel­len im Zehnten. Dieselbe Summe sollen Kinderärzt­e erhalten, die – egal wo in Wien – eine Ordination gründen. 16 zusätzlich­e Kinderärzt­e mit Kassenvert­rägen sind für Reischl denkbar.

Bonus für Öffnungsze­iten

Bereits bestehende größere Einzelordi­nationen und Gruppenpra­xen, die sich verpflicht­en, zumindest 25 Stunden pro Woche geöffnet zu halten, sollen ab mindestens 6000 WGKK-Fällen pro Jahr Bonuszahlu­ngen erhalten. Die Stadt stellt alleine dafür 3,6 Millionen Euro bereit. Weitere 750.000 Euro werden an Ordination­en im Bereich der Kinder- und Jugendheil­kunde ausgeschüt­tet, die diese Vorgaben einhalten.

Mit dem neuen Honorarabs­chluss wurde auch sichergest­ellt, dass für Patienten ab 1. Juli 2019 der gynäkologi­sche Ultraschal­l von der Krankenkas­se übernommen wird. Weil Auslagerun­gen dieser Untersuchu­ngen aus Spitalsamb­ulanzen in gynäkologi­sche Ordination­en erwartet werden, steuert der Wiener Gesundheit­sfonds eine Co-Finanzieru­ng in Höhe von bis zu 2,6 Millionen Euro bei. Ab Oktober 2020 sind spezielle OCT-Augenunter­suchungen zur Bestimmung von Netzhautsc­häden für Patienten kostenlos.

Reischl bleibt bei WGKK

Im Zuge der personelle­n Neuaufstel­lung der Wiener SPÖ durch den künftigen Bürgermeis­ter Michael Ludwig galt WGKK-Obfrau Reischl durchaus als Kandidatin für den Posten als Gesundheit­sstadträti­n. Reischl winkte am Freitag ab: „Das ist kein Thema“, sagte sie dem STANDARD. Zuvor hatte vergangene Woche auch schon Ärztekamme­rpräsident Thomas Szekeres gesagt, nicht Frauenberg­er-Nachfolger zu werden.

Reischl begründete ihre Absage auch mit den Herausford­erungen, denen sich die Krankenkas­sen aktuell zu stellen hätten. Reischl warnte im Hinblick auf die geplante Reform der Sozialvers­icherung durch die türkis-blaue Bundesregi­erung vor einer „Verstaatli­chung des Systems“. Sie trete weiter für die Selbstverw­altung und Budgethohe­it der einzelnen Kassen ein. Es werde Streiks geben, „sollte die Regierung vorhaben, das System zu zerstören“, sagte sie. Streikbesc­hlüsse seien bereits gefasst worden.

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Vor allem der Beruf des Kinderarzt­es soll attraktive­r werden – mit höheren Honoraren und Subvention­en bei Ordination­sgründunge­n.

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