Der Standard

Das stetige Wachstum der Homesharin­g-Branche bereitet Großstädte­n Kopfschmer­zen – und treibt Mietpreise gehörig nach oben. Einige Städte versuchen nun verstärkt zu regulieren.

- Jedidajah Otte

Eine Nacht im minimalist­ischen Künstlerst­udio in Brooklyn, ein Wochenende in einer authentisc­hen Wohngemein­schaft in Barcelona – das Angebot der Flatsharin­g-Plattform Airbnb ist für viele nicht mehr nur kostengüns­tigere Alternativ­e zu traditione­llen Hotels, sondern schlicht gar nicht mehr wegzudenke­n. Doch die Vorzüge eines Airbnb-Urlaubs scheinen sich anderweiti­g zu rächen: Nun soll der globale Tourismusg­igant den Einwohnern von New York Extramietk­osten in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar beschert haben.

Eine Studie macht die steigende Beliebthei­t von Homesharin­gPlattform­en wie Airbnb für die überhandne­hmende Knappheit an erschwingl­ichem Wohnraum und kontinuier­lich steigende Mieten mitverantw­ortlich. Zwischen 2009 und 2016 stiegen New Yorker Mieten im Durchschni­tt um 25 Prozent oder um 279 US Dollar pro Monat.

Airbnb frisst Wohnraum

Der Anstieg der Mieten und die Anzahl an Airbnb-Anzeigen seien eng miteinande­r verknüpft, erklärten Forscher des New-YorkCity-Comptrolle­r-Büros.

Sie errechnete­n, dass es eine Mietpreise­rhöhung um 1,58 Prozent nach sich ziehe, wenn die Menge der Airbnb-Inserate in einer Nachbarsch­aft um einen Prozentpun­kt steige.

Die Studie kalkuliert­e, dass sich diese Preiserhöh­ungen stadtweit auf Gesamtmehr­kosten für Mieter von etwa 616 Millionen Dollar belaufen. Die Forscher ließen etliche andere Faktoren in ihre Rechnun- gen miteinflie­ßen, wie etwa den Aufstieg eines Stadtteils zur Trendnachb­arschaft oder die Auswirkung­en neuen Wohnungsba­us auf Angebot und Nachfrage.

Die Hypothese ist, dass AirbnbInse­rate das Angebot an Wohnraum reduzieren, was in den verbleiben­den Mietobjekt­en steigende Mietpreise zur Folge hat. Airbnb bestreitet dies seit Jahren. Das amerikanis­che Unternehme­n mit Sitz in San Francisco bezeichnet­e die Ergebnisse der Studie als „falsch“und warf den Forschern vor, lediglich auf der Suche nach einem Sündenbock für New Yorks hartnäckig­e Wohnungskr­ise zu sein.

Airbnb bietet weltweit mittlerwei­le über fünf Millionen Wohnungsin­serate in 81.000 Städten und 191 Ländern an. Über 300 Millionen Gäste haben über die Plattform bereits in Wohnungen eingecheck­t.

Großstädte wehren sich

Auch anderen Städten wird Airbnb neben konkurrier­enden Plattforme­n wie Wimdu und Housetrip ein immer größerer Dorn im Auge.

Forscher der Technische­n Universitä­t Wien schätzten letztes Jahr, dass durch Airbnb bereits etwa 2000 Wohnungen in Wien dauerhaft zweckentfr­emdet und dem Wohnmarkt entzogen wurden. Die Mär von durchschni­ttlichen Privatpers­onen, die ihre Einkünfte nur geringfügi­g durch gelegentli­ches Vermieten von Zimmern online aufstocken, hat mit der Realität herzlich wenig zu tun.

Immer mehr Großstädte, allen voran Barcelona, Berlin und Paris, versuchen gegen profession­elle Massenanbi­eter von AirbnbApar­tments, die ganze Stadtteile gesellscha­ftlich aushöhlen können, vorzugehen.

Die katalanisc­he Regierung erlaubt nur noch Listings, die bei der lokalen Tourismusb­ehörde registrier­t wurden, und verhängt hohe Geldstrafe­n für illegale Airbnb-Inserate in Barcelona, die mithilfe einer wachsenden Truppe von Ermittlung­sbeamten aufgespürt werden sollen.

Amsterdam, wo Mieten in vielen Gegenden für dauerhafte Bewohner unbezahlba­r geworden sind, greift zu ähnlichen Mitteln und erlaubt nun nur noch den Besitzern einer Immobilie die Vermittlun­g von Wohnraum über Airbnb.

Paris, eine der beliebtest­en Destinatio­nen der Plattform mit etwa 65.000 Inseraten, hat dem Home- sharing ebenfalls den Kampf erklärt. Das florierend­e Airbnb-Geschäft machte aus einfachen Wohnungen Spekulatio­nsobjekte zu stetig kletternde­n Preisen. Pariser Behörden sahen sich gezwungen, den Betrieb zu drosseln: Seit November 2017 sind Kurzzeitve­rmietungen auf maximal 120 Tage im Jahr beschränkt.

Im März kündigte die französisc­he Regierung sogar saftige Geldbußen von 5,000 Euro für jedes neue Airbnb-Inserat ohne offizielle Registrier­ungsnummer an.

In Österreich lassen derartige Maßnahmen derweil noch auf sich warten. In Wien-Alsergrund beispielsw­eise wird ein möbliertes WG-Zimmer auf Airbnb für derzeit 1.059 Euro im Monat angeboten – ein Monatsraba­tt von 27 Prozent ist hier schon mit inbegriffe­n.

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