Der Standard

„Mit Strafzölle­n wird der Kuchen für alle kleiner“

Österreich­s Wirtschaft wird 2018 mit einem Plus von 3,2 Prozent stärker wachsen als bisher angenommen. Welche Auswirkung­en die drohenden US-Strafzölle auf den Wachstumsk­urs haben könnten, ist noch unklar.

- Nora Laufer

Gutes Wetter herrscht derzeit nicht nur aus meteorolog­ischer Sicht: Das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) hat seine Mittelfris­tprognose von vergangene­m Herbst nach oben revidiert. Laut der aktualisie­rten Fassung wird Österreich­s Wirtschaft 2018 um 3,2, statt – wie bisher angenommen – um 2,8 Prozent wachsen.

„Im Laufe des heurigen Jahres wird sich das Wachstum stabilisie­ren und dann wieder leicht reduzieren“, sagt Wifo-Ökonom Josef Baumgartne­r im Gespräch mit dem STANDARD. Das Institut geht dennoch von einer durchschni­tt- lichen Steigerung von 2,1 Prozent pro Jahr bis 2022 aus.

Die größte Veränderun­g im Vergleich zur vergangene­n Prognose zeigt sich im Bereich der Arbeitslos­en: Noch Ende Oktober hat das Wifo für 2018 eine Arbeitslos­enquote von 8,1 Prozent prognostiz­iert, mittlerwei­le wurde die Zahl auf 7,7 Prozent nach unten korrigiert. Auch in den kommenden fünf Jahren dürfte die Quote die Acht-Prozent-Marke nicht überschrei­ten.

Laut Wifo wird der derzeit brummende Wirtschaft­smotor bis inklusive 2019 dafür sorgen, dass die Zahl der Jobs schneller wächst als das Arbeitskrä­fteangebot. Mit der danach erwarteten Abschwächu­ng der Konjunktur dürfte die Zahl der Personen auf Jobsuche wieder steigen. Hinzu kommt die Öffnung des österreich­ischen Arbeitsmar­kts für Kroaten im Jahr 2020, sagt Baumgartne­r.

Dennoch wird der Zuwachs bei der Ausländerb­eschäftigu­ng von knapp 47.000 Personen im Jahr 2017 auf 27.000 im Jahr 2022 zurückgehe­n. Mit der stagnieren­den inländisch­en Bevölkerun­g im erwerbsfäh­igen Alter wird der Anteil an ausländisc­hen Arbeitskrä­ften im gleichen Zeitraum von 19,5 auf 23 Prozent steigen und damit rund 80 Prozent des Beschäftig­ungszuwach­ses ausmachen.

Zwei wesentlich­e Faktoren wurden in der Prognose jedoch noch nicht berücksich­tigt: In der Berechnung ist das Wifo von der jetzigen politische­n und wirtschaft­lichen Lage in Österreich, aber auch weltweit ausgegange­n. Einige von der Regierung angekündig­ten Maßnahmen könnten die Prognose noch deutlich beeinfluss­en: „Der Zahlen sind schwierig darzustell­en, wenn man keine Details kennt“, sagt Baumgartne­r dazu.

Sollten etwa der Familienbo­nus, Lohnsteuer­senkungen oder Entlastung­en bei Unternehme­rabgaben im Prognoseze­itraum umgesetzt werden, so würden die verfügbare­n Haushaltse­inkommen (und damit die privaten Konsumausg­aben), die Gewinne und Investitio­nen sowie die Beschäfti- gung höher und die Arbeitslos­igkeit niedriger ausfallen, heißt es in der Prognose.

Die Wifo-Ökonomen gingen in ihrer Berechnung außerdem von einer stärkeren Belebung der heimischen Wirtschaft durch die Vereinigte­n Staaten aus. Auswirkung­en der von den USA angedrohte­n Strafzölle auf Stahl und Aluminium wurden dabei nicht mit einbezogen. Welche Konsequenz­en die Zölle auf die heimische Wirtschaft hätten, ist laut Baumgartne­r nur „sehr schwer einzuschät­zen“. Der Ökonom geht davon aus, dass die EU mit Gegenmaßna­hmen kontern würde: „Dann wird der Kuchen für alle kleiner.“Dass sich die Produktion durch die Strafzölle wieder in die USA rückverlag­ern würde, hält der Experte für „illusorisc­h“. Dazu wären internatio­nalen Wertschöpf­ungsketten viel zu komplex: „Die Produktion kann nicht so schnell angepasst werden wie Strafzölle.“

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