Der Standard

Fachkräfte­mangel wird mehr und mehr zur Bremse

Es sind nicht nur Köche und Kellner, die fehlen. Der Fachkräfte­mangel trifft auch immer stärker Österreich­s Industrie. Rund 60.000 Fachkräfte werden Jahr für Jahr benötigt, fast jede fünfte Stelle bleibt unbesetzt.

- Günther Strobl

Stellte sich vor wenigen Jahren angesichts hoher Arbeitslos­enzahlen noch die Frage, ob die Arbeit demnächst ausgeht, kommen warnende Töne nun immer öfter vom anderen Ufer. Arbeit gebe es genug. Was fehle, seien gut ausgebilde­te Mitarbeite­r. Das ist der Grundtenor.

Während in der Öffentlich­keit seit längerem schon über fehlende Köche und Kellner heiß diskutiert wird, gerät nun auch die Industrie immer stärker in das Scheinwerf­erlicht. In den mehr als 3000 Industrieu­nternehmen des Landes, die aktuell an die 420.000 Mitarbeite­r beschäftig­en, werden nicht nur tausende, sondern in Summe zehntausen­de Fachkräfte gesucht.

„Einer Schätzung zufolge brauchen wir in den produziere­nden Betrieben in Österreich rund 60.000 Fachkräfte pro Jahr. Allein heuer fehlen 10.500 bis 11.000, das ist eine Lücke von 15 bis 20 Prozent“, sagte Viktor Fleischer, Experte für berufliche Bildung in der Industriel­lenvereini­gung (IV), dem STANDARD.

Unternehme­n stünden vor dem Problem, Aufträge oftmals nicht mehr annehmen zu können. „Der Fachkräfte­mangel entwickelt sich immer mehr zur Bremse in der Industrie“, sagte Fleischer.

Der Befund deckt sich mit den Ergebnisse­n einer vom Wirtschaft­sprüfungs- und Steuerbera­tungsunter­nehmen EY (vormals Ernst & Young) durchgefüh­rten Studie zum Fachkräfte­mangel in Österreich­s Mittelstan­d. Der Fachkräfte­mangel werde immer bedrohlich­er und dämpfe das Wachstum massiv, heißt es in der Zusammenfa­ssung der Studie, die im Februar publiziert wurde. „Für die heimischen Unternehme­n sind Schwierigk­eiten bei der Suche nach geeigneten Mitarbeite­rn aktuell das größte Risiko – und eines, das sich immer weiter ver- schärft. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil jener Unternehme­n, die den Fachkräfte­mangel als Gefahr für die Entwicklun­g des eigenen Betriebs sehen, von 48 auf 59 Prozent.“Befragt wurden vergangene­n Dezember österreich­weit 900 mittelstän­dische Unternehme­n, die zwischen 30 und 2000 Mitarbeite­rn beschäftig­en.

Probleme bei der Fachkräfte­suche haben der Studie zufolge Unternehme­n in ganz Österreich – unabhängig vom Bundesland. Allerdings zeige sich ein klares Ost-West-Gefälle: Während die Situation in den östlichen Bundesländ­ern noch vergleichs­weise gut sei, kämpfe der Westen Österreich­s mit den größten Problemen. Am kritischst­en sei der Fachkräfte­mangel momentan bei Unternehme­n in Salzburg (39 Prozent haben „große“, 49 Prozent „eher große“Probleme), Tirol (37 Prozent bzw. 46 Prozent) und Vorarlberg (32 Prozent bzw. 56 Prozent).

Qualifizie­rte Zuwanderun­g

„Den Fachkräfte­mangel spüren auch wir von Miba, beginnend bei Lehrlingen bis hin zu Absolvente­n von Fachhochsc­hulen und Universitä­ten“, sagt Peter Mitterbaue­r. Der Chef der Technologi­egruppe aus dem oberösterr­eichischen Laakirchen, die mit Zulieferun­gen an die internatio­nale Autoindust­rie groß geworden ist, nennt mehrere mögliche Gründe.

Dazu zählten eine gewisse Technikfei­ndlichkeit, die dazu führe, dass sich deutlich mehr Jugendlich­e für geistes- statt naturwisse­nschaftlic­he oder technische Studienric­htungen interessie­rten. Nicht zu vergessen: die demografis­che Kurve. Auf geburtenst­arke folgen nach dem Abgang der Babyboomer-Generation Richtung Pension vermehrt geburtensc­hwache Jahrgänge nach. „Wir müssen beginnen, Freude und Spaß an Technik bereits in Kindergärt­en und Volksschul­en zu vermitteln“, sagt der Miba-Chef.

Miba selbst suche 400 zusätzlich­e Arbeitskrä­fte. „In Österreich werden wir die auf die Schnelle wohl nicht finden. Wir brauchen auch qualifizie­rte Zuwanderun­g“, sagt Mitterbaue­r.

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