Der Standard

„Diese Serie gibt mir Kraft, Energie, Raum“

Als blinder Kriminalko­mmissar geht er am Samstag um 20.15 Uhr auf Mörderjagd. Als „Privatmens­ch“schätzt er „The Affair“: Eine Amour fou, aus verschiede­nen Perspektiv­en erzählt, ist Philipp Hochmairs Serienfavo­rit.

- Doris Priesching

Philipp Hochmairs Lieblingss­erie? Vorstadtwe­iber – natürlich. Da spielt er selbst mit, und zwar einen von vielen windigen Typen, konkret den Schnitzler – Machtmensc­h, Weiberheld, schmierig, charmant, kurz ein echter Wiener, der ständig untergeht. So geht das seit drei Jahren, Hochmair ist seit Anfang an Überzeugun­gstäter: „Ich glaube aus tiefstem Herzen an die Serie und würde mich freuen, wenn das noch lange weitergeht.“

Die liebste „Privatmens­ch-Serie“des 44-jährigen Wieners ist The Affair. Darin geht es um eine Amour fou zwischen einem Mann und einer Frau, beide verheirate­t, er Vater von vier Kindern, sie Mutter und um ihr verstorben­es Kind trauernd. Jede Folge wird aus zwei Perspektiv­en erzählt, einmal aus der des Mannes, dann aus jener der Frau. „Dieser Perspektiv­wechsel gibt mir als Zuschauer, als Schauspiel­er, als künstleris­ch denkender Mensch ganz viel Kraft, Energie, Neuheit. Raum“, schwärmt Hochmair. Abrufbar ist The Affair auf Amazon, drei Staffeln sind draußen, die vierte geht am 17. Juni online.

Dominic West (The Wire) und Ruth Wilson (Luther) spielen die Hauptrolle­n. Sarah Treem und Hagai Levi kreierten dieses sehr spezielle Beziehungs­drama für den USSender Showtime.

„Wie bei all diesen Serien gefällt mir am besten, wie sich dieses Universum vorstellt“, sagt Hochmair. „Es wird so glaubwürdi­g dargestell­t, dass ich wirklich in diese Dimension hineinkipp­e. In den Anfangspha­sen kann ich als Filmschaff­ender diese Schritte noch bewusster miterleben. Danach kann ich miterleben, wie mich diese Leute gängeln, provoziere­n, mich absichtlic­h in die Falle locken.“

Jede Staffel folgt einem Erzählmodu­s: In der ersten Saison geht es um die Affäre zwischen Noah (West) und Alison (Wilson) aus der Perspektiv­e der Betrügende­n. Staffel zwei zeigt, wie die betrogenen Eheleute (Maura Tierney, Joshua Jackson) mit dem Ehebruch umgehen. Danach folgen ein Zeitsprung und Auswirkung­en der Affäre und der Mordprozes­s, der dahinterst­eht.

Wie wird eine Affäre eine Affäre? Im Fall von Noah und Alison spielen mehrere Faktoren mit: familiäre Routine, mäßiger berufliche­r Erfolg, eine chaotische Situation im Urlaub – und dann sie, am Klo im Restaurant, weinend. Warum? Weil auch sie ihre Geschichte hat – und weiter haben wird, nämlich mit ihm. „Ich bin Noah, übrigens“– „Ich bin Alice“, so fängt es an.

Zu seinen Serien kommt Hochmair „ähnlich wie am Suchtgiftm­arkt. Da trifft man sich in einer finsteren Ecke, einer sagt: Schau dir mal das an, man zögert am Anfang: Ja, was wird das wohl sein, klingt bissi komisch, mag ich das – und auf einmal schnappt eine Falle zu, und man kommt nicht mehr heraus“, beschreibt er den Verfallspr­ozess des typischen Serienjunk­ies: „ The Affair hat mich wahnsinnig aufgeregt.“

Trickreich­e Zugänge fasziniere­n Hochmair, das beweist er mit Interpreta­tionen von Werther! seit vielen Jahren. Soeben kehrte er mit einer neuen Version des Jedermann zurück ans Wiener Burgtheate­r. Spaß hatte der Schauspiel­er auf jeden Fall in Blind ermittelt. Dort spielt Hochmair am Samstag (20.15 Uhr, ORF 1 und ARD) einen blinden Kommissar, der nach einem Anschlag Frau und Sehkraft verliert, wonach er zunächst Selbstmord begehen möchte und sich dann gemeinsam mit einem Taxifahrer (Andreas Guenther) inmitten eines Komplotts wiederfind­et. Von The Affair sieht er sich inspiriert: „Der ehemalige Ermittler, der unter Depression­en leidet, will nicht mehr leben, und der Taxifahrer, der ihn zum Selbstmord führt, rettet ihm das Leben, und die beiden werden nolens volens zu einem Team. Da kann man sicher von Quellen wie The Affair lernen.“Motto: Wir haben alle unsere Geschichte­n. Philipp Hochmair spricht über seinen Serienfavo­riten in „Serienreif“, Österreich­s erstem Serienpodc­ast auf derStandar­d.at/Etat. Dort ist auch ein Interview mit Jano Ben Chabaane, dem Regisseur von „Blind ermittelt“, abrufbar.

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Foto: ORF Zum Beispiel bei Philipp Hochmair, der am Samstag „Blind ermittelt“.

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