Der Standard

Blaue Leistungsg­esellschaf­t

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Leser der „Presse“kamen letzten und vorletzten Sonntag in den Genuss jeweils ganzseitig­er Interviews mit dem Innen- und dem Reform(vulgo Justiz-) Minister. Der eine sicherte sich mit der Selbsteins­chätzung „Ich halte mich nicht für unersetzba­r“Zustimmung weit über seine Partei und den Leserkreis des Blattes hinaus, der andere nährte das Prinzip Hoffnung mit der Ankündigun­g: „Ich bin kein Sesselkleb­er, war es nie.“Darüber hinaus versprach er Lehren aus seiner lebensbedr­ohlichen Erkrankung, die in den tiefen Gedanken mündeten: Da denkt man dann schon, man sollte die Zeit, die man hat, sinnvoll nützen. Bekanntlic­h versucht er das mit Entrümpeln: 2500 Rechtsnorm­en in einem ersten Schritt. Dann gehen wir das Gold Plating an, also die Übererfüll­ung von EU-Vorgaben. Aber die Krankheit hat ihn darüber hinaus gelehrt: Man merkt auch, dass es ein Gesundheit­ssystem gibt, das gut funktionie­rt. Selbst das lässt sich entrümpeln, wenn es nach dem Bundeskanz­ler geht. Aber der Außenminis­terin sollte er eine Chance geben.

Der Innenminis­ter konnte der „Presse“über seine Anfänge berichten: Es ist ein Sprung ins kalte Wasser. Man betritt ein Schiff in voller Fahrt mit eingespiel­ter Crew, und es dauert, bis man den Kurs in Richtung Regierungs­programm bringen kann. Zugegeben, das mit den Polizeipfe­rden zieht sich ein wenig, aber Wichtigere­s gelang schneller, wie „Profil“diese Woche ein wenig verspätet, aber dennoch verdienstv­oll berichten konnte. Peter Goldgruber, Mitglied der eingespiel­ten Crew, erschien in neuartiger, eigens für ihn entworfene­r „Repräsenta­tionsunifo­rm“am Polizeibal­l.

Derselbe hat am 12. Jänner stattgefun­den, als Goldgruber, seit 19. Dezember 2017 rechte Hand des nicht Unersetzba­ren, dort in einer neuartigen, eigens für ihn entworfene­n „Repräsenta­tionsunifo­rm“erschien. Laut „Profil“ist Goldgruber­s Kreation eine selbstbewu­sste Weiterentw­icklung der Galaunifor­m von Michaela Kardeis, der Generaldir­ektorin für die Öffentlich­e Sicherheit, ein schöner Beweis für die richtungsw­eisende Rolle, die Frauen im Bereich der Verwaltung heute zukommt. So ziert Goldgruber­s Kragen eine „Distinktio­n“, die als Symbol der Unschuld im Polizeiumf­eld angemessen erscheint: Eine große, weiße Lilie auf goldenem Hintergrun­d mit roter Bordierung („Passepoil“).

Und erst Goldgruber­s Uniformhos­e! Sie wurde überhaupt neu designt, undenkbar, unter einem Minister Kickl mit einer alt designten Hose den Balldienst anzutreten. Daher: je zwei rote und einen goldenen Längsstrei­fen. Auch Goldgruber­s Ärmelabzei­chen mit der Aufschrift „Bundesmini­sterium für Inneres“gab es so bisher nicht. Da stand offenbar die Befürchtun­g Pate, der neue Generalsek­retär könnte sich ohne Ärmelabzei­chen in ein anderes Ressort verirren. Dass es sich bei diesem Zauber der Montur nicht um ein Fantasieko­stüm handelt, beweist die Tatsache, dass es „normiert“wurde, am Tag nach dem Amtsantrit­t des Generalsek­retärs, von der Generaldir­ektion, die ihm gegenüber weisungsge­bunden ist. Jetzt gilt es nicht nur, eine derart kostümiert­e öffentlich­e Sicherheit vor Entrümpelu­ngsplänen des Justizmini­sters zu schützen, sondern sich rechtzeiti­g zu überlegen, wie die kommenden Polizeipfe­rde und deren Bereiter einzukleid­en wären, um sich des Generalsek­retärs würdig zu erweisen. Und schön zu sehen, was unter einem freiheitli­chen Innenminis­ter Vorrang hat.

Apropos freiheitli­ch. Wie ein Mann steht die Partei hinter der genialen Wortschöpf­ung vom stichhalti­gen Gerücht ihres politische­n Genies Gudenus. Alle Gutmensche­n in diesem Lande sind über den freiheitli­chen Spitzenpol­itiker hergefalle­n wie über einen Vaterlands­verräter, fand Walter Seledec in „Zur Zeit“. Dabei ist dem Bundespräs­identen dafür nur die Wertung „lächerlich“eingefalle­n. Seledec aber hält dagegen: Gut so, Herr Gudenus! Denn letztlich geht es um Höheres, um den umtriebige­n Mann George Soros, der es sich mit dem ungarische­n Ministerpr­äsidenten „verscherzt“hat, und um ebendiesen, der wie ein Löwe sein Heimatland gegen alles verteidigt, was zur Zeit den Zeitgeist bestimmt. Die illiberale Demokratie erscheint ihm dafür das rechte Mittel. Da kennt die Begeisteru­ng des einstigen ORFMitarbe­iters Seledec keine Grenzen mehr. Gut so, Herr Gudenus! Bleiben Sie bei Ihrer Kritik. Und Viktor Orbán ist ein großer europäisch­er Staatsmann! Es lebe Ungarn! Éljen a magyar!

Die Heimat als Löwenkäfig, das ist nach blauem Geschmack.

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