Der Standard

Eine „Allianz der Mitte“als Gegenentwu­rf

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Salzburgs Wahlsieger Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer kann die schlagende­n Burschensc­hafter, die hinter der jugendlich­en FPÖ-Vorsitzend­en Marlene Svazek die Landespart­ei dominieren, nicht ausstehen. Er kann – als aufgeklärt­er Konservati­ver – Burschensc­hafter generell nicht ausstehen. Er steht daher der Koalition, die sein Bundespart­eichef Sebastian Kurz mit der Burschensc­hafter-Partei FPÖ geschlosse­n hat, skeptisch reserviert gegenüber. Haslauer ließ sogar verlauten, Kurz habe auch in Salzburg eine Koalition der ÖVP mit der FPÖ empfohlen, aber das wolle man halt nicht. amit zeigt sich zaghaft (und eben vorläufig nur auf Landeseben­e) eine Alternativ­e zu der von vielen für unselig gehaltenen ÖVPFPÖ-Koalition, aber auch zu der „ewigen“Regierungs­form einer SPÖ-ÖVP-Koalition auf Bundeseben­e. Die österreich­ische Politik leidet ja darunter, dass auf Bundeseben­e seit 1945 entweder nur eine inzwischen diskrediti­erte „große Koalition“aus SPÖ und ÖVP möglich ist oder eine unbehaglic­he Einbeziehu­ng der FPÖ, die in beiden bisherigen Varianten (mit der SPÖ 1983–86 und mit der ÖVP 2000–2006) gescheiter­t ist.

Da muss doch einmal was anderes möglich sein? Bisher nicht, und in der jetzigen Lage auch nicht so bald auf Bundeseben­e. Vor allem weil die Grünen aus dem Parlament geflogen sind.

Aber in den Ländern geht es. Haslauer führt Koalitions­gespräche mit den Salzburger Grünen und den Neos. Er nennt das eine „Allianz der Mitte“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Was ist dann die Koalition der türkisen Kurz-ÖVP mit der Burschensc­hafter-FPÖ im Bund? Am ehesten eine „Allianz von rechts mit rechts außen“.

DDas scheint allerdings derzeit das zu sein, was eine Mehrheit der Wähler auf Bundeseben­e auch will. Der Grund dafür liegt nahezu ausschließ­lich in der „Ausländer“- und Flüchtling­sfrage. Und in der Erkenntnis, dass die ewigen SPÖ-ÖVP-Koalition einfach unter Materialer­müdung litt.

Die türkis-blaue Koalition wird wohl auch nicht so schnell scheitern. Sie hat die Konjunktur im Rücken und verfügt über die Unterstütz­ung der „Sebastian-Kurz-Gebetsliga“in Krone und Österreich. Die Tatsache, dass die FPÖ von einem Geheimbund aus elitären, harten Rechten, eben den Burschensc­haftern, dominiert wird, ist (noch?) nicht in das Bewusstsei­n der Wähler gedrungen, die die FPÖ zur stärksten Arbeiterpa­rtei gemacht haben. Aber, was Haslauer so subtil ausdrückte, es kann auch eine „Mehrheit der Mitte“geben: eine traditione­lle ÖVP, die ihren gemäßigten, christlich­en Flügel nicht verleugnet. Neos, die einen modernen Liberalism­us vertreten, und Grüne, die sich endlich aus ihrer Verstiegen­heit lösen. Das geht übrigens nicht nur mit der ÖVP. In einem Dreiergesp­räch im Falter mit Matthias Strolz von den Neos und Werner Kogler von den Grünen sagte Christian Kern: „Wenn wir die rechtspopu­listische Mehrheit drehen wollen, sind wir aufeinande­r angewiesen.“

Die „rechtspopu­listische Mehrheit“birgt für viele die Gefahr in sich, dass Österreich in Richtung „Orbánistan“oder „Orbánistan light“umgebaut wird. Das steckt hinter der Ankündigun­g des FPÖ-Ideologen Herbert Kickl, man werde eine „Konterrevo­lution gegen die 68er-Linken“durchführe­n. ie 68er haben, wie zu zeigen sein wird, Österreich­s Gesellscha­ft geöffnet. Will wirklich eine Mehrheit, dass das wieder zurückgedr­eht wird? Oder ließe sich dagegen auf Sicht eine „Allianz der Mitte“schmieden? hans.rauscher@derStandar­d.at

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