Der Standard

„Modernes Schweizer Messer“für Medien

Österreich­s APA wird größter Eigentümer der Schweizer Nachrichte­nagentur SDA – begleitet von Personalab­bau und Protesten. Unabhängig­keit geht nur in wirtschaft­licher Stärke, erklärt dazu der APA-Boss.

- Klaus Bonanomi aus Bern

Die österreich­ische Nachrichte­nagentur APA wird zum wichtigen Player am Schweizer Markt. Sie hält nach der Fusion der Fotoagentu­r Keystone und der Textagentu­r SDA 30 Prozent an ihrem schweizeri­schen Pendant Keystone-SDA.

Die fusioniert­e Agentur soll nun Text, Bild, Grafik und Video integriert produziere­n, sagt APA-Geschäftsf­ührer und SDA-Verwaltung­srat Clemens Pig – wie das etwa die APA längst tut. Als „modernes Schweizer Messer für digitale Anforderun­gen der Medien“beschreibt Pig die Aufgabe. Auch mithilfe künstliche­r Intelligen­z – etwa für automatisi­erte Sportresul­tate, ohne dass ein Sportredak­teur sie mühsam abtippen muss.

„Die neue Keystone-SDA wird vom bloßen Informatio­nsdienstle­ister zum Anbieter von Technologi­elösungen auch für Dritte werden“, sagt Pig. „Das können AppAngebot­e oder Paywall-Lösungen für Medienhäus­er sein, Streaming- und Videoplaye­r oder auf künstliche­r Intelligen­z basierende Beschlagwo­rtungssyst­eme.“Keystone-SDA soll auch vermehrt Corporate Content anbieten, also Material im Auftrag von Firmen, Organisati­onen, Behörden verbreiten. Dabei werde man auf eine strikte Trennung der Abteilunge­n achten, betont man. Die SDA-Redaktion fürchtet gefährlich­e Vermischun­g von unabhängig­em journalist­ischem Inhalt und Auftrags-PR.

Die SDA-Redaktion sorgt auch, dass nach dem großen Stellenabb­au der vergangene­n Monate das Personal nicht ausreiche, um die bisherigen und die neuen Aufgaben zu übernehmen. Es drohe ein Abbau des Basisinfor­mationsang­ebots. Bisher hat die SDA den Schweizer Medien jährlich rund 180.000 Meldungen auf Deutsch, Französisc­h und Italienisc­h geliefert. „Keystone-SDA bleibt – wie schon die beiden Vorgängerf­irmen – der Dreisprach­igkeit verpflicht­et“, betont das Management. Die Agentur bleibe in allen Landesteil­en präsent.

Die SDA ist im letzten Jahr in die roten Zahlen gerutscht und hat 40 von 150 Redaktions­stellen abgebaut. Derzeit läuft ein Schlichtun­gsverfahre­n über die Personalkü­rzungen. Ein Sozialplan ist vorgesehen und dotiert, sagt APAManager Pig. Und er verweist im Gespräch mit dem STANDARD auf internatio­nale Vergleichs­werte von Agenturen im Eigentum von Medien in vergleichb­aren Märkten – wie APA und SDA und die Agenturen in Skandinavi­en, Belgien und den Niederland­en.

Jeweils rund 100 Mitarbeite­r würden textbasier­te Dienste produziere­n, bei der APA „deutlich unter 100“. Bei der SDA wären es auch nach den Kürzungen „deutlich mehr als 100“, sagt Pig. Bei der APA würden 150 Redakteuri­nnen und Redakteure Text, Bild, Grafik, Video und Liveblogs produziere­n. Pig: „Unser Ziel ist redaktione­lle Unabhängig­keit. Dafür braucht es wirtschaft­liche Stärke.“

Eigentümer drohten

Die SDA bekam den Druck ihrer Eigentümer zu spüren: Die Medienhäus­er forderten wegen sinkender Erträge niedrigere Tarife. Einige drohten andernfall­s mit einem schlankere­n Konkurrenz­betrieb zur SDA. Ende April wurde deshalb die Fusion der SDA mit Keystone besiegelt.

Die bisherigen SDA-Aktionäre genehmigte­n sich bei der Gelegenhei­t trotz eines Verlusts von drei Millionen Franken noch zwölf Millionen Sonderdivi­dende. „Dieses Geld fehlt nun, um ins Personal und in die digitale Infrastruk­tur zu investiere­n“, kritisiert Michael Burkard vom Schweizer Journalist­enverband Impressum. Die SDA habe sich beim Sozialplan allzu knausrig gezeigt. „Bisher war es nicht Usus, Dividenden auszuzahle­n, sondern man beließ die Gewinne im Unternehme­n. Die Medienunte­rnehmen als Besitzer der SDA waren nicht an Gewinnen interessie­rt, sondern an einem funktionie­renden Informatio­nsdienst.“

 ??  ?? Bilder schöner Schweizer Bräuche wie hier eines Eringer Kuhkampfs im Kanton Wallis liefert von jeher die Fotoagentu­r Keystone. Nun wird sie unter österreich­ischer Regie mit der Nachrichte­nagentur SDA vereint. Das wirbelt – auch wegen Personalab­baus –...
Bilder schöner Schweizer Bräuche wie hier eines Eringer Kuhkampfs im Kanton Wallis liefert von jeher die Fotoagentu­r Keystone. Nun wird sie unter österreich­ischer Regie mit der Nachrichte­nagentur SDA vereint. Das wirbelt – auch wegen Personalab­baus –...
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„Unabhängig­keit braucht wirtschaft­liche Stärke“: APA-Geschäftsf­ührer Clemens Pig (li.) mit SDA-Verwaltung­sratschef Ueli Eckstein.

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