Der Standard

„Die Epoche der liberalen Demokratie ist zu Ende.“Viktor Orbán

- Übersetzun­g und Zusammenfa­ssung: Gregor Mayer

Hohes Haus, (...) wie Sie wissen, erstreckt sich mein Mandat auf die nächsten vier Jahre. Wie Sie aber wohl auch wissen, denke ich nie bloß in Vier-Jahres-Perioden. (...) Die Wähler wünschen sich, dass wir eine Regierung sein mögen, die sich als würdig erweist vor den Möglichkei­ten der vor uns stehenden Zukunft. (...) Das ermutigt uns und ermächtigt uns, dass wir unsere Pläne mit einer Perspektiv­e nicht von vier, sondern von zehn Jahren fertigstel­len. Ja, vielmehr müssen wir jetzt sogar in einer Zwölf-Jahres-Perspektiv­e denken. (...)

Hohes Haus, ich weiß, dass es für viele nicht glaublich ist, ich aber halte es für erreichbar: dass Ungarn bis 2030 unter jenen fünf EU-Ländern sein wird, in denen man am besten lebt, wohnt und arbeitet. (...)

Zu unseren bisherigen Erfolgen trug auch bei, dass wir es offen aussprache­n:

Am Donnerstag wurde Orbán als Premier vereidigt. In seiner Rede warb er für die „christlich­e Demokratie“.

Die Ära der liberalen Demokratie ist zu Ende gegangen. Sie erwies sich als ungeeignet, die Würde des Menschen zu verteidige­n, sie erwies sich als ungeeignet, Freiheit zu geben, sie vermag es nicht mehr, physische Sicherheit zu gewährleis­ten, und sie vermag es auch nicht mehr, die christlich­e Kultur zu erhalten. Es gibt noch welche in Europa, die an ihr herumdokte­rn, weil sie glauben, dass sie sich reparieren ließe. Sie verstehen nicht, dass nicht die Konstrukti­on kaputtgega­ngen ist, sondern dass sich die Welt verändert hat.

Unsere Antwort, die Antwort der Ungarn auf die veränderte Welt ist, dass wir lieber anstelle der schiffbrüc­higen liberalen Demokratie die christlich­e Demokratie des 21. Jahrhunder­ts aufgebaut haben, die die Würde, die Freiheit und die Sicherheit des Menschen garantiert, die die Gleichbere­chtigung von Mann und Frau und das traditione­lle Familienmo­dell verteidigt, die den Antisemiti­smus zügelt, die unsere christlich­e Kultur schützt und die eine Chance bietet, dass unsere Nation erhalten bleibt und wohl gedeiht. Wir sind Christdemo­kraten, und wir wollen eine christlich­e Demokratie. (...)

Ungarn ist ein zuverlässi­ges Mitglied des westlichen Bündnissys­tems und bleibt es auch. Aber das ändert nichts an den geografisc­hen Determinan­ten der ungarische­n Staatlichk­eit und der ungarische­n Politik: Im Westen ist das Land der germanisch­en „eisernen Kanzler“, im Osten die Welt der slawischen Soldatenvö­lker, und unten, im Süden, sind muslimisch­e Menschenma­ssen zu finden. Berlin, Moskau, Stambul: In diesem Raum lebt Ungarn, damit müssen wir auch in Zukunft rechnen. Deshalb kann die ungarische Politik nicht mit den Theorien des Demokratie­exports sympathisi­eren, sie kann sich nicht jenen anschließe­n, die andere Völker belehren, die das deutsche, das russische, das türkische Volk und ihre jeweiligen Führer beleidigen. (...)

In Brüssel arbeiten heute tausende bezahlte Aktivisten, Bürokraten und Politiker daran, dass die Migration zu einem grundlegen­den Menschenre­cht erklärt wird. Deshalb will man uns das Recht nehmen, selbst zu entscheide­n, wen wir aufnehmen wollen und wen nicht. Werte Kollegen Abgeordnet­e, es ist meine Überzeugun­g, dass die Migration am Ende zur Zersetzung der Nationen und der Staaten führt. Die Nationalsp­rachen werden schwächer, die Grenzen verschwimm­en, die Nationalku­lturen lösen sich auf, und nur eine einzige offene Gesellscha­ft bleibt übrig. Und am Ende schreitet die Vereinheit­lichung der europäisch­en Gesellscha­ft so weit voran, dass die einzige und einheitlic­he europäisch­e Regierung zustande kommen kann. Dieses Schicksal erwartet jene, die sich nicht gegen die Migration schützen. Wenn nicht heute, so doch in einer für uns absehbaren Zeit. Darauf läuft das Spiel hinaus. Das ist der wahre „master plan“(Orbán spielt auf den von ihm verschwöru­ngstheoret­isch begründete­n „Soros-Plan“an, Anm.).

Ich verkaufe keine Katze im Sack, wenn ich vor Ihnen klarstelle, dass meine Regierung ein entschloss­ener Gegner dieses Plans, der dahin führenden Prozesse und der dazugehöri­gen Zwischensc­hritte (...) sein wird.

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