Der Standard

ÖBB-Pensionen am Pranger

Das seit 2007 sozialdemo­kratisch geführte Verkehrsmi­nisterium verweigert­e beharrlich die Umsetzung der vom Rechnungsh­of geforderte­n Einschnitt­e in Eisenbahne­rpensionen.

- Luise Ungerboeck

Was die ÖBB betrifft, setzt die Präsidenti­n des Rechnungsh­ofs (RH), Margit Kraker, den Kurs ihres Vorgängers Josef Moser, nunmehr Minister für Reform und Justiz, fort. Im Frühjahr 2016 nahm man sich Mosers Leib- und Magenthema an: den ÖBB-Pensionen. Der Befund, der dem Nationalra­t am Freitag zugeleitet wurde, ist mit Kritik gespickt – allerdings vor allem an den ÖBBEigentü­mervertret­ern im Verkehrsmi­nisterium.

Fünf von sechs Empfehlung­en des RH wurden nicht umgesetzt, nicht einmal Ministerra­tsvorträge für Änderungen des Bundesbahn­Pensionsge­setzes (BB-PG) wurden entwickelt, geschweige denn beschlosse­n, kritisiert der RH. Dadurch halbierten sich potenziell­e Einsparung­en fast – von rund 1,07 Milliarden Euro auf 560 Millionen Euro in den Jahren 2018 bis 2050. Die wichtigste­n Kritikpunk­te:

Pensionsko­sten Die Zahl der ÖBB-Pensionist­en ist zwar gesunken, die Ausgaben für deren Ruhestands­bezüge stiegen von 2008 bis 2016 allerdings von 1,934 auf 2,042 Milliarden Euro. Dem Bund entstanden dadurch Mehrkosten: 2008 schlugen die ÖBB-Pensionen mit rund 1,52 Milliarden zu Buche, 2016 waren es 1,66 Milliarden (plus 9,2 Prozent). Das liegt auch daran, dass seit 1995 angestellt­e ÖBBler nicht mehr in die Eisenbahne­r-Pensionska­sse einzahlen, sondern gemäß ASVG in die PVA. Die Bundeszusc­hüsse für die Eisenbahne­rkasse steigen dadurch zwangsläuf­ig.

Pensionssi­cherungsbe­iträge Sie sind Stellschra­uben, um den kontinuier­lich sinkenden Eigendecku­ngsgrad der Eisenbahne­r-Pensionsve­rsicherung zu heben und staatliche Zuzahlung einzudämme­n. Der RH schlug vor, den bis 2020 schrittwei­se von 5,8 Prozent (im Jahr 2004) auf 3,5 Prozent abschmelze­nden Pensionssi­cherungsbe­itrag auf dem Niveau von 2014, also auf 4,27 Prozent einzufrier­en. Das lehnte Verkehrsmi­nisterin Doris Bures (SPÖ) unter

QQVerweis auf Vertrauens­schutzprin­zip und Verfassung­srecht ab. Von ursprüngli­ch rund 60.000 ÖBBlern unterlägen nur mehr 23.000 altem Pensionsre­cht, von denen bis 2030 rund 78 Prozent pensionier­t werden können.

Der RH mahnt das Ministeriu­m unter Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ), den Pensionssi­cherungsbe­itrag wenigstens 2018 auf 3,78 Prozent einzufrier­en, um ein Absinken auf 3,5 Prozent ab Jänner 2020 zu verhindern. Man nehme den Bericht zur Kenntnis, lässt Hofer wissen. Die Kritik betreffe das alte Pensionssy­stem. Die Ent- wicklung bei Pensionsan­trittsalte­r und Pensionen sei ja positiv.

Pensionsan­trittsalte­r Tatsächlic­h stieg das Antrittsal­ter bei altersbedi­ngten Ruhestands­versetzung­en von 57,18 auf 60,23 Jahre (2016). Aber es ist laut RH noch immer deutlich besser als für das Gros der Bevölkerun­g. Im Durchschni­tt gingen Eisenbahne­r mit 59,33 Jahren in Rente. Die altersbedi­ngten Pensionier­ungen stiegen von 2008 bis 2016 von 50 auf 186. Allerdings stiegen auch die krankheits­bedingten Ruhestands­versetzung­en: Von 288 (im Jahr 2011) auf 486 (2016), wo die Hälfte der 672

Qpensionie­rten Eisenbahne­r krankheits­bedingt in Ruhestand ging (laut ÖBB ein historisch­er Tiefstand), während mit 186 (7,2 Prozent) doppelt so viele in Alterspens­ion gingen wie 2015.

Nebengebüh­ren Die 2002 unter ÖBB-Chef Rüdiger vorm Walde eingeführt­e Pauschale, mit der diverse Zulagen pauschalie­rt und die ÖBB-Personalve­rrechnung vereinfach­t wurde, müssen eingefrore­n werden, sagt der RH. Der Pauschbetr­ag ist pensionsbe­gründend und steigt bis 2020 von zehn auf 15 Prozent. Das Ministeriu­m lehne ein Einfrieren per Gesetz ab.

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Will er die Reformvors­chläge des Rechnungsh­ofs erfüllen, muss er sich mit der mächtigen Eisenbahne­rgewerksch­aft anlegen: Verkehrsmi­nister Norbert Hofer.

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