Der Standard

Hartlauers Welt

Handelsunt­ernehmer Robert Hartlauer erklärt, warum er auch künftig bevorzugt Filialen in Stadtzentr­en betreiben will, wie er dem Fachkräfte­mangel entgegenwi­rkt und wie er mit seiner Bekannthei­t umgeht.

- INTERVIEW: Alexander Hahn Unternehme­r im Gespräch

In manchen Jahren war Robert Hartlauer 120.000 Kilometer mit dem Auto unterwegs, um Kontakt zu den rund 160 quer über Österreich verstreute­n Filialen seiner Handelsket­te Kontakt zu halten – was drei Weltumrund­ungen entspricht. Die innerhalb des Landes zentrale Lage ist ein Grund, warum der Firmensitz auch künftig im oberösterr­eichischen Steyr bleiben soll, wo das Gespräch mit dem Lenker des Familienun­ternehmens stattfand.

Standard: „Ihr Robert Hartlauer.“Durch Fernsehwer­bung sind Sie in Österreich bekannt. Werden Sie oft von Fremden um Selfies gebeten? Hartlauer: Erst vor 14 Tagen bin ich auf dem Hauptplatz gestanden und jemand wollte ein Selfie mit mir machen. Aber in Steyr gehöre ich zum Inventar, in kleineren Städten spüre ich das viel stärker.

Standard: Bereuen Sie es, die personalis­ierte Werbung Ihres Vaters weitergefü­hrt zu haben? Hartlauer: Die personenbe­zogene Werbung meines Vaters wurde zum Markenzeic­hen. Ich habe das weitergefü­hrt, obwohl viele Werbeexper­ten gesagt haben, es geht nicht. Es war viel Glück, dass es so gelungen ist. Bekannthei­t hat Vorteile, Bekannthei­t hat aber auch Nachteile. Heute würde ich mir wünschen, dass ich weniger bekannt bin. Es gibt schon Spots, bei denen ich nicht dabei bin. Für die Jungen bin ich ja auch schon ein alter Opa.

Standard: Setzen Sie mit Optik, Hörgeräten und jetzt auch Gesundheit nicht ohnedies auf eine ältere Zielgruppe? Hartlauer: Gesundheit ist noch ein Bereich, der aus heutiger Sicht für mich noch viel zu klein ist. Wir sehen, dass wir mit Blutdruckm­essern und Blutzucker­geräten sehr erfolgreic­h sind. Aus einer anderen Ecke spielt mit Smartphone­s und Wearables auch ein Fitness- und Gesundheit­strackerth­ema für Sportler herein, das wir auch mitbesetze­n.

Standard: Nutzen Sie auch persönlich solche Geräte? Hartlauer: Ich beschäftig­e mich viel mit Gesundheit. Gute Medizin von morgen wird nicht nur mit Momentaufn­ahmen arbeiten, sondern mit einem Datenpaket, das ich selbst bereitstel­le. Wenn ich zum Arzt gehe, zeige ich ihm alles, was ich schon getrackt habe.

Standard: Haben Sie sich nach dem Facebook-Datenskand­al von der elektronis­chen Gesundheit­sakte Elga abgemeldet? Hartlauer: Nein. Standard: Ist es sinnvoll, Gesundheit­sdaten zu vernetzen? Hartlauer: Man soll kritisch und skeptisch mit dem Thema umgehen. Es ist gefährlich, wenn Daten in falsche Hände kommen, und sehr wichtig, dass sie geschützt werden. Mein Vater hatte Krebs und wollte, dass es keiner erfährt. Er war offiziell in Kenia, inoffiziel­l im Krankenhau­s. Nach einer Woche ruft mich ein Journalist an und sagt, er hat die Krankenakt­e meines Vaters vor sich liegen. So etwas sollte es nicht geben, hat es aber schon analog gegeben. Wenn es das digital gibt, ist es richtig deppert.

Standard: Wie stehen Sie zur neuen Datenschut­zgrundvero­rdnung, die demnächst in Kraft tritt? Hartlauer: Das verstehe ich grundsätzl­ich. Allerdings ist es ein Wahnsinn, in welch kurzer Zeit man von Unternehme­n verlangt, all das zu erfüllen, ein Megaspagat für ein Unternehme­n. Wir haben intensiv ein Jahr lang an diesem Thema gearbeitet, damit wir gewappnet sind und alles richtig machen. Es war ein Wahnsinn, wir haben es gerade noch hingebogen.

Standard: Sie glauben an stationäre­n Handel. Setzen Sie deshalb auf beratungsi­ntensive Produkte? Hartlauer: Na ja, nicht bewusst. Es ist so, dass die bei uns gut gehen.

Standard: Wie wird eine Hartlauer-Filiale in fünf oder zehn Jahren aussehen? Hartlauer: Wir werden einen wärmeren Look einführen, mit Holzboden, Sofas, Kaffeemasc­hinen im Warteberei­ch und mehr Wohlfühlfa­ktoren im Geschäft. Das Erlebnis bei mir ist der Mensch. Die erstklassi­ge Beratung ist auch immer noch mein Ziel. Ich investiere auch viel mit der Hartlauer-Akademie in die Ausbildung von Mitarbeite­rn. Das ist ein großer umgebauter Gutshof mit drei Seminarräu­men für 43 Personen. Wir haben Fachsemina­re, Persönlich­keitssemin­are und lehren dort Verkaufen und Beratung.

Standard: Wie funktionie­rt bei 1500 übers Land verstreute­n Angestellt­en sonst die Mitarbeite­rbindung? Hartlauer: Die Bindung zu Mitarbeite­rn mache ich über mehrere Dinge. Ein Bindungsel­ement ist die ganze Akademie, da kommt es zu viel Austausch. Ich schaue auch, dass ich oft dabei bin. Einmal im Jahr mache ich eine Tour durch alle Geschäfte, einmal spreche ich zu allen Mitarbeite­rn, indem ich zu einem Abend einlade. Und alle fünf Jahre mache ich eine Feier. Von der letzten wird heute noch gesprochen. Wir haben mit 1500 Mitarbeite­rn in Schladming Party gemacht. Vollgas.

Standard: Beteiligen Sie die Mitarbeite­r auch am Unternehme­nserfolg? Hartlauer: Wir haben ein leistungsg­erechtes Entlohnung­ssystem. Es darf aber nicht zu dominant sein, sonst ist es kontraprod­uktiv. Im Geschäft muss als Team agiert werden. Ein Prämiensys­tem darf nicht in die falsche Richtung gehen.

Standard: Haben Sie Probleme, an gute Mitarbeite­r zu kommen? Hartlauer: Ja, das hat jedes Unternehme­n. Aktiv habe ich gerade

Es gibt schon Werbespots, bei denen ich nicht dabei bin. Für die Jungen bin ich ja auch schon ein alter Opa.

86 Posten ausgeschri­eben, vor allem Optiker. Es ist unheimlich schwer, geeignete Fachkräfte zu bekommen. Wir müssen eine Arbeitgebe­rmarke aufbauen. Das heißt, nicht der Mitarbeite­r meldet sich, sondern wir müssen als Arbeitgebe­r wahrgenomm­en werden.

Standard: Wo werden sich Ihre Filialen künftig befinden? In Stadtkerne­n oder auf Gewerbeflä­chen? Hartlauer: Ich bin hauptsächl­ich in den Stadtkerne­n, und wenn ich in den Speckgürte­l gehe, dann als Letzter und nicht als Erster. Manchmal muss ich es tun. In Einkaufsze­ntren hat man schlechter­e Konditione­n, zum Beispiel nur einen befristete­n Pachtvertr­ag oder auch das Risiko der Öffnungsze­iten. Mehr Öffnungsze­it ist für mich vollkommen unwirtscha­ftlich.

Standard: Wie wird in Österreich mit Unternehme­rtum umgegangen? Hartlauer: Ich bin ein bisschen beleidigt, wenn der Unternehme­r als Kapitalist bezeichnet wird. Unternehme­rkultur gehört gefördert. Da müsste man mehr tun, so wie in Amerika. Nehmen wir als Beispiel Amazon, da geht die Wertschöpf­ungskette ins Ausland. Ich kaufe online ausschließ­lich bei österreich­ischen Unternehme­n, außer es gibt keines. Es ist aber schwer herauszufi­nden, wie österreich­isch eine Firma ist. Mein Wunsch wäre eine Plattform mit Unternehme­n, die Steuern in Österreich zahlen, oder die Regionalit­ät anzeigt, damit man CO2 spart.

Standard: Um es Konsumente­n leichter zu machen, dass die Wertschöpf­ung im Inland bleibt? Hartlauer: Wir brauchen die Marie. Für das Gesundheit­ssystem, für das Pensionssy­stem, für den Straßenbau. Das sollte das Finanzmini­sterium für jede Firma machen und eine Plattform zur Verfügung stellen, die ein Ranking macht für Firmen und Händler, die für Österreich gut sind. Da möchte ich hin.

Standard: Waren Sie schon beim Finanzmini­ster vorstellig?

Nein. Wahrschein­lich ist das nicht EU-konform. Diese Plattform wäre aber wichtig und schlau. Jemand müsste sie aufbauen. Ich würde da auch gerne mitmachen. Wenn Amazon im Lebensmitt­elhandel auch noch Gas gibt, haben sie die ganze Warenbesch­affungsket­te. Die Politik müsste schauen, wie sie das in Griff kriegt.

Standard: Wären Sie auch Unternehme­r geworden, wenn Ihr Vater keine Kette gegründet hätte? Hartlauer: Ich habe das Unternehme­rgen in mir, ich bin so aufgewachs­en. Sonst wäre ich mobiler Optiker geworden oder Betreiber eines Luxuszuges mit tollen Suiten und perfektem Essen.

Standard: Verkaufen oder an Ihre Töchter übergeben – was wird eines Tages mit der Firma Hartlauer passieren?

Hartlauer: Wir sind ein Familienbe­trieb und auch so aufgestell­t. Meinen Töchtern wünsche ich so viel Spaß im Leben, wie ich habe. Egal was sie tun, ich werde sie nicht aktiv beeinfluss­en.

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Hartlauer:

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