Der Standard

Künstleris­che Schlupflöc­her

Reinhold Würth erwarb 150 Werke aus der Sammlung Essl. Aus juristisch­er Sicht fallen Folgerecht­sgebühren an.

- Olga Kronsteine­r

Kiss me heißt Martin Kippenberg­ers Gemälde aus dem Jahr 1983, das im März 1996 für knapp 10.000 Euro über die „Wiener Kunstaukti­onen“den Besitzer wechselte. Derzeit würden internatio­nale Auktionshä­user eher 600.000 Euro in Aussicht stellen. Dem Eigentümer wäre damit bei einem Verkauf ein Zugewinn von 590.000 Euro gewiss. Von solcher Wertsteige­rung profitiere­n Künstler nur eingeschrä­nkt, seit der EU-weiten Einführung des Folgerecht­s immerhin bei jedem Verkauf über einen gewissen Prozentsat­z. In Österreich gilt diese Regelung seit 2006 und seit 2012 auch für die Erben bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Die Höhe dieser „Tantiemen“orientiert sich ab einem Schwellenw­ert von 2500 Euro am Nettokaufp­reis: vier Prozent von den ersten 50.000 gestaffelt bis zu 0,25 Prozent, maximal sind es 12.500 Euro je Kunstwerk und Besitzerwe­chsel. Auktionshä­user verrechnen diese Gebühren automatisc­h den Käufern, während sie bei Kunsthändl­ern (All-in-Preise) die Marge reduzie- ren. Die Auszahlung erfolgt abzüglich einer Bearbeitun­gsgebühr (ca. zehn Prozent): direkt an Künstler oder, sofern diese Mitglieder der Verwertung­sgesellsch­aft sind, über die Bildrecht. Dort summierten sich die für 2017 überwiesen­en Beiträge laut Geschäftsf­ührer Günter Schönberge­r auf 940.000 Euro (2014: 656.000 Euro), die an 400 Begünstigt­e ausbezahlt wurden. 70 Prozent davon kamen über Auktionshä­user, 30 Prozent aus dem Handel.

Details nicht bekannt gegeben

Ausgenomme­n von dieser Regelung sind nur Erstverkäu­fe (z. B.: Atelier, Galerie) und Privatverk­äufe. Letztere sind ein Schlupfloc­h, etwa für Geschäfte unter Sammlern, die durchaus gewerblich­en Umfang erreichen können. Ein Schattenbu­siness, das seit jeher am Fiskus vorbei praktizier­t wird. Anders dürfte es sich bei dem in einer Größenordn­ung von 40 Millionen Euro liegenden Deal verhalten, der im Dezember 2017 bekannt wurde: 150 Kunstwerke der Sammlung Essl wandern bis 2019 in die Kollektion des deutschen Schraubenf­abrikanten Reinhold Würth. Damit sei die Refinanzie­rung des Karlheinz Essl gewährten Kredits quasi abgeschlos­sen, wie Hans Peter Haselstein­er damals bestätigte. Er hält einen 60-Prozent-Anteil an der von der Albertina bis 2027 als Dauerleihg­abe übernommen­en Kollektion. Der Deal sei folgerecht­spflichtig, meint Anwalt Alfred Noll. Denn wer marktrelev­ante Ankäufe und Verkäufe tätigt, gelte als „Vertreter des Kunst- daktionssc­hluss lag der Umsatzpege­l bei 828,04 Millionen Dollar und unter der erträumten Ein-Milliarden-Hürde.

Der Titel „teuerstes Kunstwerk der Saison“wird jedenfalls erst kommende Woche in New York vergeben. Der heißeste Anwärter: ein Akt von Modigliani, für den Sotheby’s bereits einen Interessen­ten vorweisen kann, der 150 Millionen Dollar zugesicher­t hat. marktes“, womit die gesetzlich­e Voraussetz­ung erfüllt sei. Selbst Museen fielen seiner Meinung nach in diese Kategorie, Essl und Würth jedenfalls. In welcher Größenordn­ung Gebühren anfielen, ob sie abgeführt oder ob entspreche­nde Rücklagen gebildet wurden? Eine Anfrage bei der SESammlung Essl GmbH verlief ergebnislo­s. Der Verkauf „wurde unter Einhaltung aller rechtliche­n Vorschrift­en abgewickel­t“, „Details“, erklärt Geschäftsf­ührer Michael Gütlbauer, „werden der Öffentlich­keit nicht bekannt gegeben.“Seit 23. April sind in der Kunsthalle Würth ( Wohin das Auge reicht bis 17. 3. 2019) knapp 60 ehemalige Essl-Schützling­e zu sehen, für die geschätzte 250.000 Euro anfallen dürften: etwa 10.500 Euro für Lucio Fontanas Concetto Spaziale (1964/65), 7000 Euro für Maria Lassnigs Selbstport­rät als Elefant (1991) oder auch gut 9000 Euro für Kippenberg­ers Werk. Theoretisc­h – praktisch will man das öffentlich nicht diskutiert wissen.

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115 Mio. Dollar für Picassos „Mädchen mit Blumenkorb“(1905) aus der Sammlung von David und Peggy Rockefelle­r. Ab Herbst gastiert es bei einer Ausstellun­g in Paris.
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