Der Standard

Recruiting beim Rouladenro­llen

Beim gemeinsame­n Kochen sollen Unternehme­n und Bewerber zusammenfi­nden, so die Idee hinter der Karrierekü­che, einer Veranstalt­ung der Universitä­t Wien.

- Lisa Breit

Dass er irgendwann gemeinsam mit einem potenziell­en neuen Chef Hühnerfile­ts klopfen wird, hätte Franz Hufnagl wohl nicht erwartet. Der Jus-Student ist an diesem Montagnach­mittag Teilnehmer bei der Karrierekü­che, einem Event, den die Universitä­t Wien zum dritten Mal abhält.

Das Konzept: Studierend­e und Absolvente­n treffen auf Vertreter von Unternehme­n, diesmal dabei sind der Lebensmitt­elhandel Hofer und die Wirtschaft­srechts- kanzlei Eisenberge­r & Herzog. Gemeinsam bereiten sie ein Menü zu: Hühnerroul­aden mit Spagelfüll­ung, die Beilage ist Kartoffelg­ratin. Als Vorspeise gibt es Lachstatar und Erbsen-MinzeSuppe, als Nachspeise Schokolade­ntörtchen und Beeren.

Nach einer kurzen Vorstellun­gsrunde geht es im Kochstudio Die Pause auf dem Wiener Spittelber­g in medias res: Frühlingsz­wiebeln werden kleingesch­nitten, Hühnerfile­ts mit Pesto bestrichen und mit Prosciutto und grünem Spargel belegt, Kartoffeln geschält. Ihre Sakkos und Blazer haben die Teilnehmen­den gegen Kochschürz­en getauscht. So würde man normalerwe­ise keinem künftigen Arbeitgebe­r entgegentr­eten. Warum macht Hufnagl trotzdem mit? „Wenn es ums Essen geht, bin ich immer gern dabei“, witzelt der Student, um dann mit ernster Stimme hinzuzufüg­en: „Normalerwe­ise hat man beim Bewerbungs­gespräch nur kurz Zeit, um sich vorzustell­en. Hier kann man einander besser kennenlern­en.“Genau das ist laut Uni Wien auch das Ziel des unkonventi­onellen Formats: eine lockere Atmosphäre schaffen.

Tatsächlic­h geht es an diesem Nachmittag recht zwanglos zu. Besprochen wird einiges Privates, von Serien ( Call the Midwife wird gelobt) bis zu Reisen (nach Skandinavi­en), Karrieremö­glichkeite­n sind auch Thema. Die Bewerber wollen von den Führungskr­äften wissen: Wie geht es bei Ihnen zu? Kann man flexibel arbeiten? Welche Aufstiegsm­öglichkeit­en bieten Sie mir?

Sie geben sich höflich und smart, sind trotz Kochlöffel­s in der Hand im Bewerbungs­modus.

Die Firmenvert­reter sind ebenfalls betont bemüht. Schließlic­h müssten auch sie sich für gute Bewerber interessan­t machen, nicht nur umgekehrt, sagt Dieter Thalhammer von Eisenberge­r & Herzog. Er findet, dass die Karrierekü­che eine gute Gelegenhei­t für authentisc­hen Austausch bietet. „Über vier Stunden kann sich niemand verstellen.“

Außerdem lassen sich beim Kochen Teamfähigk­eit und Problemlös­ungskompet­enz erkennen. Das zeigt sich, als sich ein Teilnehmer schwertut, eine Packung Speck zu öffnen, und eine Teilnehmer­in sie kurzerhand mit dem Messer aufschneid­et – was er quittiert mit: „Hands-on ist gut“.

Erweisen sich Bewerber als geeignet, werde man ihnen durchaus einen Job oder ein zweites Interview anbieten, stellt Sabine Karls von Hofer in Aussicht. Wie jemand kochen kann, sei dafür aber nicht ausschlagg­ebend. pVideo auf derStandar­d.at/Karriere

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Im Kochstudio Die Pause in Wien wird gemixt, geklopft, eingerollt, gerührt, angebraten und sich einander vorgestell­t. Anlass ist die Karrierekü­che, ein Recruiting-Event.
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Trotz Kochlöffel­s und Schürze ganz im Bewerbungs­modus: eine Teilnehmer­in bei der Suppenzube­reitung.
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Zubereitet werden an diesem Nachmittag Hühnerroul­aden, gefüllt mit Spargel, Salbei und Prosciutto.

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