Der Weg zu einer neuen Wohnung ist nicht einfach. Oft müssen nach den ersten Besichtigungen die Erwartungen zurückgeschraubt werden. Davon berichten auf dieser Seite Mitarbeiter und ihre Familienmitglieder. Oft hilft am Ende der Zufall.
Bereits auf der Straße ist klar, dass hier eine begehrte Wohnung zu haben ist. Vor dem Haus im fünften Bezirk steht ein Mann, der die zahlreichen Interessenten ins Haus lotst. Er verrät ihnen, dass die Besichtigung im vierten Stockwerk stattfindet. Nach und nach strömen immer mehr Menschen in das Gebäude. Die kleine Wohnung, wegen der sie alle gekommen sind, ist bald voll. Mittendrin bin ich.
Denn nach mehr als sechs Jahren in einer Wohngemeinschaft ist es Zeit für die erste eigene Wohnung. Leicht fiel die Entscheidung nicht, hatte ich mich doch an das WG-Leben gewöhnt. Das Studium war jedoch abgeschlossen und der Vollzeitjob angetreten – da ist die eigene Wohnung der nächste Schritt. Um die 700 Euro sollte die monatliche Miete betragen, die Wohnung innerhalb des Wiener Gürtels liegen und nicht komplett abgewohnt sein. Die Erwartungen, unter diesen Rahmenbedingungen bald eine Wohnung zu finden, waren groß. Die Enttäuschung umso größer.
Casting statt Besichtigung
Nach der ersten Recherche auf diversen Immobilienplattformen stellte sich schnell Ernüchterung ein. Wohnungen, die den Vorgaben entsprachen, waren Mangelware. Die gefundenen Mietobjekte in passender Preisklasse waren zumeist entweder komplett abgewohnt, viel zu klein, oder es fehlten Küche oder Bad. In der ersten Verzweiflung wurden der Freun- deskreis und Arbeitskollegen um Rat gebeten. Auf die Frage „Kennt ihr jemanden, der gerade einen neuen Mieter sucht?“bekam ich aber stets zwei Antworten: „Nein“und „Ich suche gerade selber“.
Somit mussten schwerere Geschütze aufgefahren werden. Täglich wurden Immobilienplattformen besucht und Suchagenten eingerichtet, die bei einem passenden Objekt anschlagen sollten. Das erwies sich als effektiver. Erste Besichtigungen waren schnell fixiert. Der Enthusiasmus wurde allerdings auch hier schnell gebremst. Bei manchen Besichtigungen waren die Objekte belebter als Einkaufszentren in der Weihnachtszeit. Die anwesenden Makler wurden von Interessenten bezirzt, damit sich die Vermieter doch für sie entscheiden würden. Wohnungsbesichtigungen wur- den so zu Castingshows, auch wenn die Mietobjekte ihre Mängel hatten und zum Teil teuer waren. Mangels Erfolgs unterwirft man sich diesem System dann irgendwann, anstatt es zu bekämpfen. Zu den Besichtigungen nahm ich also bald brav den Einkommensbescheid und eine Kurzinfo für den Vermieter mit – man muss ja irgendwie aus der Masse stechen.
Abzocke keine Seltenheit
Wo es viel Bedarf gibt, gibt es allerdings auch Abzocke. Es kam während meiner mehrmonatigen Suche nicht selten vor, dass in Inseraten falsche Konditionen angegeben wurden. Vereinzelte Makler nutzen die aktuelle Marktsituation aus. Sie verlangen etwa Provisionen, die das, was sie gesetzlich verlangen dürfen, übersteigen, oder wollen die Vertragsvergebührung einheben, die im vergangenen Jahr abgeschafft wurde.
Ein Tiefpunkt war ein Makler, der sich in einem Inserat gar damit rühmte, dass der Betrag nicht eingehoben wird. Das Problem an diesen widrigen Konditionen ist, dass man trotzdem kaum Nein sagen kann. Bestätigt man das Angebot nicht, tun es nämlich andere.
Für mich hatte die lange Wohnungssuche zumindest ein Happy End. Während der Entstehung dieses Textes erhielt ich die Zusage zu einer Wohnung, die meinen Vorstellungen entspricht. Vor der nächsten Wohnungssuche fürchte ich mich allerdings jetzt schon. Der Autor ist Redakteur im
WebStandard.