Der Standard

Terroransc­hlag in Paris

Ein Anschlag wie ein Déjà-vu: In einem Pariser Ausgehvier­tel hat ein Attentäter am Samstagabe­nd eine Person umgebracht und vier weitere verletzt, bevor er von der Polizei erschossen wurde.

- Stefan Brändle aus Paris

Der Mann, der in Paris einen Passanten getötet und vier weitere verletzt hat, war ein Franzose tschetsche­nischer Herkunft.

„Natürlich dachten wir sofort an den 13. November. Aber wir fragten uns nicht lange und rannten weg“, berichtete eine Augenzeugi­n. Es war 20.47 Uhr an diesem Samstagabe­nd, als ein schwarz gekleidete­r Mann einen jungen Passanten in der Rue Saint-Augustin mit einem Messer angriff und ihm laut Augenzeuge­n die Kehle durchschni­tt. Darauf rannte er weiter und verletzte zum Ruf „Allahu akbar“(Gott ist groß) vier weitere Personen, zwei davon schwer, aber nicht lebensgefä­hrlich.

Panik machte sich in der Straße breit, als den vielen Passanten bewusst wurde, dass es sich um einen neuen Terroransc­hlag handelt. Wie im November 2015, als mehrere Attentäter dutzende von Besuchern des Bataclan-Konzertlok­als und diverser Bistro-Terrassen im Bastille-Quartier angegriffe­n hatten, rannten die Gäste davon oder retteten sich auf Geheiß der Wirte in die einzelnen Restaurant­s, wo sie sich unter Tischen versteckte­n.

Freund von Attentäter in Haft

Um 20.56 Uhr traf der Attentäter auf eine dreiköpfig­e Polizeikon­trolle in der Rue Monsigny. Er rannte mit erhobenem Messer auf sie zu und rief offenbar: „Schießt, schießt! Wenn ihr mich nicht tötet, bringe ich euch um.“Die Polizisten gaben vier Schüsse ab, der Angreifer wurde tödlich getroffen.

Die Staatsanwa­ltschaft ordnete wegen der Allahu-akbar-Rufe noch in der Nacht auf Sonntag eine Untersuchu­ng wegen terroristi­scher Umtriebe an. Sie erklärte, bei dem Täter handle es sich um einen 21-jährigen Franzosen tschetsche­nischer Herkunft, der mit seinen Eltern nach Frankreich eingewande­rt sei. Vater und Mutter wurden in Ermittlung­shaft genommen. Die Polizei sucht insbesonde­re weite- re Komplizen. Am Sonntag wurde in Strasbourg ein Freund des Attentäter­s festgenomm­en. Der Täter war nicht vorbestraf­t, figurierte aber wie tausende radikalisi­erte Islamisten in der französisc­hen SKartei („S“für Hochsicher­heit). Nach unbestätig­ten Angaben vernahm ihn die Polizei bereits vor einem Monat ein.

Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) reklamiert­e noch am Samstagabe­nd den Anschlag für sich. Sie bezeichnet­e den Attentäter als „IS-Soldaten“, der gegen die Einsätze der westlichen Koali- tion in Syrien gehandelt habe. Dass sich der Anschlag wie der vom November 2015 in einem stark frequentie­rten Ausgehvier­tel ereignete, gilt als Indiz dafür, dass wohl die westliche Freizeitku­ltur im Visier des Angreifers war.

Verurteilu­ng durch Moschee

Präsident Emmanuel Macron ließ verlauten, sein Land zahle „einmal mehr einen Blutpreis“, werde aber „den Feinden der Freiheit keinen Zollbreit nachgeben“. Der Anschlag ist nicht der erste dieses Jahres in Frankreich. Im März hatte ein Franko-Marokkaner bei Carcassonn­e vier Menschen umgebracht. Seit dem Anschlag auf die Redaktion des Satiremaga­zins Charlie Hebdo Anfang 2015 haben Terroransc­hläge landesweit 245 Todesopfer gefordert.

Frankreich ist auch deshalb eine Zielscheib­e, weil es sich neben den USA aktiv an den Luftschläg­en in Syrien beteiligt. Die Pariser Moschee verurteilt­e inzwischen „den feigen und barbarisch­en Anschlag, der sich auf keine Religion berufen kann“.

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Dort, wo der Angreifer getötet wurde, blieb ein Einschussl­och im Fenster eines Cafés.

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