Der Standard

Kapitalabf­luss aus Schwellenl­ändern

Währungen unter Druck – Argentinie­n braucht Hilfe

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Wien – Zinsen von fast drei Prozent auf amerikanis­che Staatsanle­ihen führen derzeit zu einer Entwicklun­g, vor der Experten seit Jahren warnen: Höhere Renditen in den USA könnten zu einem massiven Kapitalabf­luss aus den Schwellenl­ändern führen, die in den letzten Jahren mit Finanzmitt­eln geflutet wurden. Genau das tritt gerade ein. In den letzten drei Wochen wurden Milliarden aus den Emerging Markets abgezogen.

Die Rückkehr in den Dollar findet zwar großflächi­g statt, beson- ders getroffen wurden aber Argentinie­n und die Türkei. Der Peso ist im Mai um zwölf Prozent abgestürzt, die Notenbank hat die Zinsen auf 40 Prozent angehoben. Nun soll der Währungsfo­nds aushelfen und die Lage stabilisie­ren.

Auch in der Türkei geht es mit der Währung Lira bergab, Anleger meiden das Land vor allem wegen der hohen Inflation. Experten wie David Hauner verweisen aber darauf, dass die ökonomisch­en Daten in den Schwellenl­ändern gut seien.

Zu Beginn des Monats trumpfte die Bildungsei­nrichtung BFI Wien mit einer runden Zahl auf: Der Träger von überbetrie­blichen Ausbildung­sstätten (ÜBA) hatte den 1500. Lehrling in ein betrieblic­hes Dienstverh­ältnis vermittelt. Genau das ist auch Ziel dieses Programms, nämlich einen vorübergeh­enden Mangel an klassische­n Lehrstelle­n zu überbrücke­n. Bei diesen Lehrwerkst­ätten setzt die Regierung nun den Rotstift an, um den Druck zum Wechsel in eine betrieblic­he Stelle deutlich zu erhöhen – und erntet umgehend Kritik von Gewerkscha­ftsseite.

Konkret soll für Jugendlich­e ab 18 Jahren die Ausbildung­sbeihilfe, gewisserma­ßen das Pendant zur Lehrlingse­ntschädigu­ng, zusammenge­strichen werden. Statt bisher unabhängig vom Lehrjahr 753 Euro müssen sich Betroffene ab Herbst in den ersten zwei Ausbildung­sjahren mit 325,80 Euro pro Monat begnügen, eine Kürzung um mehr als die Hälfte. Da die Arbeitsbed­ingungen in einer ÜBA als attraktive­r als in einer betrieblic­hen Lehre gelten, soll eben finanziell­er Druck den Anreiz für einen Wechsel erhöhen.

Entgegen manchen Befürchtun­gen wird die ÜBA als Auffangnet­z jedenfalls erhalten bleiben, für AMS-Wien-Chefin Petra Draxl ist sie noch vonnöten. „Erst wenn alle unsere Jugendlich­en von den Be- trieben übernommen werden, hören wir sofort mit der ÜBA auf“, wird sie im Kurier zitiert. Allein, genau daran hapert es speziell in der Bundeshaup­tstadt. Nurmehr acht Prozent der Wiener Betriebe bilden laut der Fraktion sozialisti­scher Gewerkscha­fter überhaupt noch Lehrlinge aus, Tendenz sinkend bei gleichblei­bender Zahl an Lehrstelle­nsuchenden.

In Zahlen gegossen liest sich das wie folgt: Fast ein Viertel der insgesamt 17.000 Wiener Lehrlinge befindet sich im Auffangnet­z ÜBA. Von diesen rund 4000 Auszubilde­nden bleibt etwa ein Drittel bis zur Lehrabschl­ussprüfung, was den Steuerzahl­er jährlich 70 Millionen Euro kostet. Erst im Vorjahr wurden die Beihilfen erhöht, um auch volljährig­en Schulabbre­chern zu einer Berufsausb­ildung zu bewegen. „Es gelang uns dadurch viel besser, junge Menschen ohne Abschluss von der Straße zu holen“, bestätigt Draxl.

West-Ost-Gefälle

„Jugendlich­en in der überbetrie­blichen Ausbildung Geld zu streichen wird nicht dazu führen, dass sie morgen eine Lehrstelle in einem Betrieb finden“, warnt Sascha Ernszt, Vorsitzend­er der Österreich­ischen Gewerkscha­fts- jugend. Zumal auch auf dem Lehrlingsm­arkt ein West-Ost-Gefälle besteht, denn im Westen des Landes herrscht teilweise eine Knappheit an Auszubilde­nden.

„Die Chancen für eine Lehre in einem echten Betrieb verbessern sich für jene, die bereit sind, Wien zu verlassen“, sagt Draxl. Bestrebung­en vom AMS Wien und der Wirtschaft­skammer, Lehrsuchen­de etwa nach Tirol zu vermitteln, stoßen angesichts fehlender öffentlich­er Verkehrsan­bindungen, mangelnder günstiger Wohnmöglic­hkeiten oder fehlender Kinderbetr­euung in der Praxis jedoch rasch an ihre Grenzen. (aha)

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In Wien sind rund 4000 Jugendlich­e, das ist fast ein Viertel aller Lehrlinge, in überbetrie­blichen Ausbildung­sstätten tätig. Geringeres Einkommen soll diese künftig zum Wechsel in Firmen bewegen.

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