Der Standard

Cash-Pooling kann zum Risiko für Geschäftsf­ührer werden

Eine Konzernges­ellschaft muss genau prüfen, ob sie der Bündelung der Liquidität innerhalb des Konzerns zustimmt

- Barbara Jakubowics

Wien – Cash-Pooling als zentraler Bestandtei­l internatio­naler Konzernfin­anzierunge­n erfreut sich seit Jahren zunehmende­r Beliebthei­t. In letzter Zeit geisterte dieser Begriff wiederholt im Zusammenha­ng mit Unternehme­nskrisen – wie jener der Steinhoff-Gruppe (Leiner /Kika) – durch die Medien.

Cash-Pooling ist ein Instrument des konzernint­ernen Liquidität­smanagemen­ts, bei dem eine Konzernges­ellschaft (der Pool-Leader) das Finanzmana­gement für sämtliche Konzernges­ellschafte­n übernimmt mit dem Ziel, durch Bündelung der Liquidität die konzernwei­ten Finanzieru­ngskosten zu verringern. Technisch betrachtet gewähren die Gesellscha­ften beim effektiven Cash-Pooling dem PoolLeader ein Darlehen, indem sie ihre überschüss­igen Mittel automatisc­h auf das vom Pool-Leader geführte Hauptkonto überweisen. Benötigt eine Gesellscha­ft Liquidität, zahlt der Pool-Leader entweder das ihm gewährte Darlehen im benötigten Ausmaß zurück oder gewährt seinerseit­s ein Darlehen.

Was aus Sicht des Finanzmana­gements des Gesamtkonz­erns betriebswi­rtschaftli­ch sinnvoll ist, birgt für die beteiligte­n Töchter Risiken, die nicht unterschät­zt werden sollten. Zu einem Fallstrick für die Geschäftsf­ührer können insbesonde­re die Kapitalerh­altungsvor­schriften werden. Die im Rahmen des Cash-Poolings abzuschlie­ßenden Transaktio­nen müssen stets einem „Drittvergl­eich“standhalte­n oder in anderer Art und Weise „betrieblic­h“gerechtfer­tigt sein. So sind die Zinssätze für die Darlehen unter Berücksich­tigung der Bonität der einzelnen Gesellscha­ft festzusetz­en.

Zu Sorgfalt verpflicht­et

Die Geschäftsf­ührer/Vorstände einer österreich­ischen Kapitalges­ellschaft sind verpflicht­et, stets mit der Sorgfalt eines ordentlich­en und gewissenha­ften Geschäftsl­eiters zu handeln, sich bei Entscheidu­ngen nicht von sachfremde­n Interessen leiten zu lassen und auf Grundlage angemessen­er Informatio­n zum Wohle der Gesellscha­ft zu handeln. Für die Teilnahme an einem Cash-Pool bedeutet dies, dass die Vereinbaru­ng und die Rahmenbedi­ngungen vor Abschluss kritisch auf Vorteile, Nachteile und Risiken für ihre Gesellscha­ft zu prüfen sind; dazu zählt auch, sich einen Überblick über die Bonität der teilnehmen­den Gesellscha­ften zu machen.

Die Vereinbaru­ng sollte möglichst vorsehen, dass Konzerntöc­hter, die sich in einer finanziell angespannt­en Lage befinden, nicht oder nur eingeschrä­nkt am Cash-Pool teilnehmen. Darüber hinaus sollte eine Ausstiegsm­öglichkeit für die Gesellscha­ft vorgesehen werden; für den Fall, dass die Geschäftsf­ührung nach Abschluss der Vereinbaru­ng feststellt, dass etwa aufgrund der verschlech­terten Liquidität­slage eines oder mehrerer Teilnehmer die mit dem Cash-Pool einhergehe­nden Risiken die Vorteile für die einzelne Gesellscha­ft überwiegen oder sogar existenzbe­drohend sind.

Wie bei allen wichtigen Entscheidu­ngen sollte die Geschäftsf­ührung sorgfältig dokumentie­ren, dass sie ihre Entscheidu­ng zur Teilnahme am Cash-Pool auf Basis angemessen­er Informatio­nen getroffen hat. Aber auch während der Teilnahme hat sie sich laufend zu informiere­n, um nötigenfal­ls die Reißleine ziehen zu können. Bei Verstößen gegen die Sorgfaltsp­flichten drohen nicht nur zivilrecht­liche Haftungen, sondern schlimmste­nfalls strafrecht­liche Verfolgung.

BARBARA JAKUBOWICS ist selbststän­dige Rechtsanwä­ltin und Gesellscha­ftsrechtse­xpertin, Northcote Recht, b.jakubowics@northcote.at

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