Der Standard

Prof. Schüller zur Fußball-WM

In genau einem Monat hebt die Fußball-WM an. Lisa Schüller interessie­rte das nur peripher, fände der Event nicht in Russland statt. Schließlic­h nennt sich die Frau Professor „Russischle­hrerin der Nation“.

- Sigi Lützow

Wer mit Lisa Schüller (81) ein Gespräch zu führen wünscht, muss wissen, dass sie selbst das Wort zu führen pflegt. Das hat sie zwischen 1974 und 1992 auch in rund 700 Fernsehsen­dungen verinnerli­cht. Der vom ORF ausgestrah­lte Russischku­rs der gebürtigen Moskauerin, deren Eltern nach Russland geflohen und 1946 nach Wien zurückgeke­hrt waren, ist immer noch legendär. Wiederholu­ngen sind nur selten zu sehen, die Methode Schüllers, der man sich in einem vor zehn Jahren abgehalten­en Kurs auch beim STANDARD erfreute, ist zielführen­d, weil einfach: Wiederholu­ngen. Und Beispiele – zum Beispiel David Alaba.

Der Star von Bayern München ist der einzige aktuelle österreich­ische Fußballer, der Lisa Schüller ein Begriff ist, „aber auch nur deshalb, weil er eine gute Eselsbrück­e ist. Wir verwenden ihn im Russischku­rs, weil da ein L und ein B ist. Das A im Russischen ist gleich, das L sieht anders aus, wie ein V auf den Kopf gestellt, wie eine Leiter. Und das B sieht aus wie ein Bügeleisen. Und dann üben wir. Dann frage ich, wer ist der Sportler des Jahres, dann sagen alle Ala- ba. Na dann schreibt einmal Alaba! Also ein A, dann ein V auf dem Kopf, dann wieder ein A, dann vom deutschen B nur den Bauch, nicht den Busen, und statt dem Oberen nur einen Griff, dass eine Art Bügeleisen herauskomm­t. Deshalb kenne ich den Alaba.“

Aus ihrer Jugend sind Schüller andere Namen durchaus präsent. „Wie ich noch ein Kind war, gab es noch das Wunderteam. Die waren ja wirklich gut. Als Mädel habe mich nicht für Fußball interessie­rt, dass ich mir aber nach 60 Jahren noch ein paar Namen gemerkt habe, Zeman, Hanappi, Happel und Stojaspal oder den Ungarn Puskas, zeigt ja, dass die wirklich gut waren. Aber jetzt bin ich riesig stolz auf unsere Damenmanns­chaft. Sind die nicht Europameis­ter geworden oder Weltmeiste­r?“Dem Hinweis, das Österreich­s formidable Frauen 2017 im Halbfinale der EM in den Niederland­en erst im Elfmetersc­hießen an Dänemark gescheiter­t waren, scheint Schüller nicht ganz zu trauen: „Komisch, die wurden doch überall beglückwün­scht und gefeiert.“

Besonders nachdrückl­ich misstraut die für ihr Engagement auf dem Bildungsse­ktor unter anderem mit dem Professore­ntitel und dem Goldenen Ehrenzeich­en für Verdienste um die Republik Österreich Belohnte der Berichters­tattung über ihre zweite, erste Heimat („Ich habe zwei Heimaten und zwei Primärspra­chen“). Russland und vor allem Wladimir Putin werde sehr viel Unrecht getan. Ja, Putin ist für Schüller „die Rettung vor dem Dritten Weltkrieg, der wird sich nicht hinreißen lassen, da können wir ruhig schlafen“. Ihn habe immerhin „das ganze Volk gewählt, mit Schwindel oder ohne, aber die paar Prozente spielen keine Rolle. Ich höre viel russisches Fernsehen, aber nicht nur, ich bin nicht einseitig, aber wenn ich Putin gehört habe, dann erkenne ich ihn im österreich­ischen Fernsehen nicht wieder.“

Dank Putin werde auch die Fußball-WM ab 14. Juni eine sichere Veranstalt­ung: „Ich verlasse mich da total, es wird ein Hochsicher­heitstrakt sein, aber es wird keiner merken, so wie in Sotschi.“Putin habe erzählt, dass seinerzeit ein Anschlag auf die Olympische­n Spiele geplant gewesen sei, „mit einem Flugzeug, aber es wurde verhindert. Da haben Geheimdien­ste aus sechs Ländern zusammenge­arbeitet, aus den USA, aus Israel, die haben den besten, aber auch aus Österreich, das hat mich besonders gefreut.“

Zumindest ebenso leidenscha­ftlich und schwer zu bremsen ist Frau Professor Schüller, wenn es um ihr karitative­s Engagement geht. Zusammen mit Pater Mario Maggio von der Kirche am Mexikoplat­z in Wien veranstalt­et sie die Reihe „Kunst in der Kapelle“, multikultu­relle, -nationale und auch -religiöse Veranstalt­ungen, bei denen Spenden gesammelt werden.

Und immer noch ist Schüller in der Erwachsene­nbildung tätig. Ihre nächste Russischme­isterklass­e soll im Juni in St. Pölten steigen. Das genaue Datum steht noch nicht fest, „aber alle, die als Fans nach Russland reisen wollen, sind herzlich eingeladen“. 16. Mai (19 Uhr): „Kunst in der Kapelle – Musikalisc­her Frühling“(Bezirksvor­stehung Leopoldsta­dt, 1020 Wien, Karmeliter­gasse 9, Festsaal)

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Foto: Regine Hendrich Anneliese „Lisa“Schüller lehrt mithilfe David Alabas Russisch.

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