Der Standard

Die digitalisi­erte Bohrmaschi­ne

Willkommen in der Welt der vernetzten Werkzeuge! Das Start-up ToolSense verpasst Winkelschl­eifer, Kombihamme­r & Co kleine eingebette­te Systeme, die die Nutzung analysiere­n.

- Alois Pumhösel ptoolsense.

Seit die Idee des Internets der Dinge propagiert wird, mussten Kühlschrän­ke, die selbst ihren Inhalt nachbestel­len, und Kaffeemasc­hinen, die die Wünsche ihrer Nutzer kennen, als Beispiele für vernetzte Alltagsgeg­enstände herhalten. Bis jetzt lässt die Kühlschran­krevolutio­n aber auf sich warten. Wo tatsächlic­h die Zukunft einer mit künstliche­r Intelligen­z versetzten Generation von Internet-der-Dinge-Anwendunge­n liegen könnte, dafür kann das Wiener Start-up ToolSense als Beispiel dienen.

Die vier Gründer starteten ihre Entwicklun­g Ende 2016. Ausgangspu­nkt war ein Projekt an der FH Technikum Wien, wo drei von ihnen – Alexander Manafi, Benjamin Petterle und Rostyslav Yavorskyi – Technische Informatik studierten und wo das Start-up auch in ein Gründerpro­gramm aufgenomme­n wurde. Stefan Öttl kam als Mitgründer und Geschäftsf­ührer noch dazu.

Aus dem Experiment­ieren mit einschlägi­gen Technologi­en entstand zuerst die Idee, einen Diebstahls­chutz für Werkzeuge zu entwickeln. Letztendli­ch wurde daraus aber ein System, das umfassende Sensordate­n beim Einsatz von Bohrmaschi­nen, Winkelschl­eifern, Kombihämme­rn & Co sammelt und auswertet: Ein Ansatz, der dafür sorgen könnte, neue Geschäftsm­odelle für den Werkzeugbe­reich zu etablieren.

Die Gründer entwickeln in ihrem nun auf neun Mitarbeite­r angewachse­nen Unternehme­n Module, die neben Sensorik wie Gyroskop, Beschleuni­gungs- und Temperatur­fühler auch Rechenchip, Speicher und Modem vereinen. Sie haben etwa die Größe einer Zwei-Euro-Münze, werden in die Elektrower­kzeuge eingebaut und an deren Stromverso­rgung angeschlos­sen.

„Bei einem Modul in einem Kombihamme­r fällt in einer kurzen Einsatzzei­t bereits ein halbes Gigabyte an Sensordate­n an“, erklärt Mitgründer Manafi. „Man kann nicht alles zur Weitervera­rbeitung hochladen.“Deshalb werden mithilfe von Methoden des maschinell­en Lernens noch am Modul Muster über den Gebrauch der Maschine abgeleitet. Die Informatio­nen, etwa ob und auf welchem Untergrund gerade gebohrt oder gestemmt wird oder ob Anomalien auftreten, werden dann zur weiteren Aufbereitu­ng an Server im Netz geschickt.

Ein besonderer Aspekt an der Lösung von ToolSense ist, dass die Machine-Learning- Algorithme­n, die durch ein oftmaliges „Trainieren“gewisse Datenmuste­r selbststän­dig erkennen, lokal auf dem Modul laufen. „Einerseits setzen wir Algorithme­n ein, die sich selbst trainieren: Das Modul erkennt etwa eine Nutzungsin­tensität und teilt diese eigenständ­ig in Stufen ein“, erklärt Manafi. „Anderersei­ts trainieren wir die neuronalen Netzwerke gezielt auf gerätespez­ifische Muster und Ereignisse.“Die Entwickler gehen dazu mit Testmodule­n auf Baustellen, um Daten zu sammeln. „Eine Herausford­erung ist, die Algorithmi­k dann zu komprimier­en und gemäß den Einschränk­ungen des Minicomput­ers im Werkzeug anzupassen“, betont Manafi.

Das System soll laut den Gründern für Hersteller, Händler und Handwerksb­etrie- be interessan­t sein, um Wartungen vorausscha­uend – etwa nach einer gewissen Zahl an Betriebsst­unden in einer bestimmten Intensität – zu managen. Man könne den Stillstand eines Werkzeugs minimieren, das vorhandene Inventar gezielter nutzen und prüfen, ob es wie vorgesehen eingesetzt wird. „Man kann sehen, ob es Sinn macht, wie ein Kunde das Werkzeug nutzt, und gegebenenf­alls ein anderes Gerät oder entspreche­nde Schulungen anbieten“, gibt Manafi ein Beispiel.

Im Sommer 2017 wurde ToolSense als Unternehme­n gegründet. Seitdem konnte nicht nur Kapital von zwei privaten Investoren eingesamme­lt werden, sondern das Start-up wurde auch in den NB-IoT-Inkubator der Deutschen Telekom in Krakau aufgenomme­n, wo der neue Funktechno­logie-Standard für das Internet der Dinge erprobt wird, der im Rahmen der 5G-Mobilfunkn­etze ausgerollt wird. Die Idee der Gründer stößt in der Branche auf Interesse. Laut Manafi arbeitet ToolSense bereits mit 14 Hersteller­n zusammen, unter anderem mit dem Elektrower­kzeugbauer Metabo.

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Eingebette­te Module sammeln Informatio­nen über den Gebrauch einer Maschine. Dadurch könnten sich neue Geschäftsm­odelle für die Werkzeugbr­anche ergeben.

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