Der Standard

Leben in die IT-Wüste Österreich bringen

Am Mittwoch beginnt in Wien mit dem „We Are Developers World Congress“die größte Entwickler­konferenz Europas. In Österreich sind IT-Fachkräfte seit Jahren dringend gefragt.

- Muzayen Al-Youssef, Andreas Danzer

Besonders viel versteht das Gros der heimischen Bevölkerun­g nicht, wenn sich Programmie­rer über ihre Arbeit unterhalte­n – ob in Englisch oder Deutsch, ist nebensächl­ich. Dass der Mangel an IT-Fachkräfte­n steigt, ist zwar seit längerem bekannt, eine richtige Lösung wurde hierzuland­e bisher aber nicht gefunden. Grund genug für Benjamin Ruschin, Thomas Pamminger und Sead Ahmetović, den „We Are Developers Congress“ins Leben zu rufen. Die Erstauflag­e im Jahr 2015 mit 350 Teilnehmer­n bezeichnet Veranstalt­er Ruschin als „organisato­rischen Schnellsch­uss“. Doch er erkannte das Potenzial. Branchenge­recht gesagt: Die Veranstalt­ung skaliert.

Der „We Are Developers World Congress“– wie er mittlerwei­le heißt – lockt heuer 8000 Besucher ins Wiener Austria Center. Es handelt sich dabei um die größte Entwickler­konferenz Europas. Zu den Speakern zählen Szenegröße­n wie Apple-Mitgründer Steve Wozniak, Gamingikon­e Brenda Romero und der österreich­ische Entwickler Felix Krause, der sein Start-up Fastlane mit 21 Jahren an Twitter verkauft hat.

Seit Ende 2017 betreibt We Are Developers auch eine Jobplattfo­rm, die sich basierend auf einem Datenbanka­bgleich auf die Ver- mittlung von Entwickler­jobs konzentrie­rt. Das Unternehme­n beschäftig­t 60 Mitarbeite­r und hat neben dem Sitz in Wien Niederlass­ungen in Berlin und Sarajevo.

Ruschin sieht bei heimischen Firmen massiven Aufholbeda­rf beim Umgang mit Entwickler­n: „90 Prozent der Unternehme­n wissen weder, was Entwickler wollen oder brauchen, noch, wo man sie findet. Selbst wenn sie sie dringend benötigen. Die Nachfrage ist größer als das Angebot, die Unternehme­n müssen sich etwas überlegen. Mittlerwei­le bewerben sich Firmen bei den Programmie­rern und nicht mehr umgekehrt.“

Developern gehe es um die Herausford­erung und Perspektiv­e bei Projekten, Gehalt sei kein primärer Ansporn. Dennoch bekrit- telt Ruschin die Zahlungsbe­reitschaft in Österreich: „In den USA verdienen gute Entwickler dreimal so viel wie hier.“Wenn sich auch der amerikanis­che nicht mit dem österreich­ischen Markt vergleiche­n lasse. Immer wieder hört man in Österreich Firmen klagen, dass ihnen durch Entwickler­mangel Millionenu­msätze entgingen.

Mangel entgegenst­euern

Dem Fachverban­d Unternehme­nsberatung und Informatio­nstechnolo­gie (Ubit) der Wirtschaft­skammer Wien zufolge gibt es ungefähr 61.000 unselbstst­ändig beschäftig­te Personen im IT-Bereich (Stand: Ende 2016). Berücksich­tigt werden nicht nur Entwickler, sondern allgemein Personen, die in dem Gebiet tätig sind. Aktuell fehlen ungefähr 3000 Arbeitskrä­fte. Wirtschaft und Politik sind sich einig, dass entgegenge­steuert werden muss.

Damit sich Kinder so früh wie möglich dem Thema annähern, wird es ab dem Schuljahr 2018/19 an allen allgemeinb­ildenden höheren Schulen und Neuen Mittelschu­len die verbindlic­he Übung „Digitale Grundbildu­ng“geben. Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren sollen einen ersten Einblick in die Informatio­nstechnolo­gie bekommen, wobei auch Themen wie soziale Medien und Cybermobbi­ng behandelt werden sollen. Zusätzlich­e Lehrkräfte gibt es hierfür nicht, dafür aber eine Reihe von Fortbildun­gsseminare­n. Allerdings werden Schulen keine zusätzlich­en Zeitressou­r- cen zur Verfügung gestellt – und auch für die konkrete Umsetzung sind sie selbst zuständig. Wer dann einen Bildungswe­g in der IT einschlage­n möchte, hat mehrere Möglichkei­ten. Neben berufsbild­enden Schulen gibt es einerseits die Lehre zum Informatio­nstechnolo­gen und ab Februar 2019, wie Digitalisi­erungsmini­sterin Margarete Schramböck angekündig­t hat, den Lehrberuf Anwendungs­programmie­rer beziehungs­weise Coder. Ziel sei es, mehr Fachkräfte auszubilde­n und sie auch im Land zu behalten.

Hohe Drop-out-Quote

Abseits des Mangels an Fachkräfte­n fehlt es auch an neuen Absolvente­n an den Universitä­ten. In Informatik brachen im Studienjah­r 2015/16 beim Bachelor 53,6 Prozent das Studium vorzeitig ab, beim Master 53,3 Prozent. Das geht aus einer Studie des Kärntner Instituts für Höhere Studien (KIHS) hervor. Die Zahl begonnener Bachelorst­udien ist zwischen 2015 und 2016 um 19,7 Prozent gesunken. Der Grund dafür könnte bei den Zugangsbes­chränkunge­n liegen, die seit dem Studienjah­r 2016/17 an der Technische­n Universitä­t (TU) und der Universitä­t Wien gelten. An der TU wurden 2017 rund 40 Prozent aller Bewerber abgewiesen.

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8000 Besucher werden beim „We Are Developers World Congress“erwartet. Der wohl berühmtest­e Gast ist der Apple-Mitgründer Steve Wozniak.
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Brenda Romero
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Felix Krause
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Steve Wozniak

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