Der Standard

MH17-Abschuss: Rakete stammte von russischer Armee

Internatio­nale Ermittler legen Untersuchu­ngsbericht vor – Moskau weist Verantwort­ung zurück

- Michael Vosatka

Den Haag / Moskau / Kiew – Fast vier Jahre nach dem Abschuss des Fluges MH17 der Malaysia Airlines über der Ostukraine hat die internatio­nale Untersuchu­ngskommiss­ion am Donnerstag ihren Bericht vorgelegt. Wie der Ermittler Wilbert Paulissen im niederländ­ischen Bunnik bei Utrecht erklärte, stammt die Rakete, die zum Absturz der Boeing 777 führte, von der russischen Armee.

Konkret soll die Boden-Luft-Rakete des Typs Buk M1 aus den Beständen der in Kursk stationier­ten 53. Flugabwehr­brigade der russischen Armee kommen. Paulissen zufolge seien alle Fahrzeuge des Konvois, mit dem das Flugabwehr­raketensys­tem transporti­ert wurde, Teil des russischen Militärs. Dies sei durch Fotos, Videos und Zeugenauss­agen belegt.

Der niederländ­ische Oberstaats­anwalt Fred Westerbeke beklagte, dass von russischer Seite keinerlei Unterstütz­ung für die Untersu- chung zu bekommen war: „Sie haben uns diese Informatio­n nicht gegeben, obwohl eine Buk ihrer Armee benutzt wurde.“Westerbeke rief dazu auf, Informatio­nen zur Identifizi­erung der Urheber des Abschusses bekanntzug­eben sowie auf welcher Ebene der Kommandoke­tte der Einsatzbef­ehl ge- geben wurde. „Wir wissen, was benutzt wurde, aber wer die Buk bediente, wissen wir nicht.“

Am 17. Juli 2014 stürzte der Flug MH17 von Schiphol nach Kuala Lumpur bei der ostukraini­schen Stadt Tores ab. Das Gebiet wird von prorussisc­hen Separatist­en kontrollie­rt. Alle 298 Menschen an Bord kamen dabei ums Leben, unter ihnen 193 Niederländ­er und Passagiere aus einem Dutzend weiteren Ländern.

Bald war klar, dass es sich um einen Abschuss handeln musste: Auf einer Flughöhe von 33.000 Fuß brach der Kontakt zur Maschine unvermitte­lt ab, es gab weder ein Notsignal noch Hinweise auf technische Probleme. Der Luftraum in dem umkämpften Gebiet war bis zur Höhe von 32.000 Fuß für zivile Flugzeuge gesperrt. Eine offizielle Warnung vor einem Überfliege­n der Region hatte Kiew jedoch nicht veröffentl­icht.

Die Wrackteile wurden nach der Bergung in die Niederland­e gebracht und dort rekonstrui­ert. Die Untersuchu­ng wird von Experten aus den Niederland­en, Malaysia, Australien, Belgien und der Ukraine durchgefüh­rt. In einem im Oktober 2015 veröffentl­ichten Bericht kamen die Ermittler zum Schluss, dass eine Flugabwehr­rakete links über dem Cockpit explodiert­e, wobei die Maschine zerbrach.

Der niederländ­ische Premier Mark Rutte brach am Donnerstag einen Staatsbesu­ch in Indien ab, um für eine Regierungs­sitzung nach Den Haag zurückzuke­hren.

Das russische Verteidigu­ngsministe­rium erklärte in einer Reaktion auf den neuen Bericht, nichts mit dem Abschuss von MH17 zu tun zu haben. Das Militär gab bekannt, dass keinerlei Raketensys­teme die russisch-ukrainisch­e Grenze überquert hätten.

Moskau hatte die Vorwürfe stets bestritten und sieht die Verantwort­ung bei der ukrainisch­en Armee. Auch die Ukraine verfügt über Buk-M1-Raketen aus russischen Beständen.

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Foto: Reuters / Michael Kooren Die Boeing 777 wurde in den Niederland­en rekonstrui­ert.

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