Der Standard

Fünf Monate für Cybermobbi­ng

46-Jähriger beleidigte Exfreundin über ein Jahr virtuell

- Michael Möseneder

Wien – Mit einem besonders krassen, aber für ihn auch lehrreiche­n Fall von Cybermobbi­ng beschäftig­t sich Richter Gerald Wagner im Prozess gegen Peter L., den selbsterna­nnten „Laufhauskö­nig“. Der 46-Jährige soll über ein Jahr lang in einer Unzahl von Postings auf diversen sozialen Netzwerken seine Exfreundin wüst beschimpft haben – auch dann noch, als das Strafverfa­hren gegen ihn bereits im Laufen war.

Seit 1. Jänner 2016 ist in Österreich die „Fortgesetz­te Belästigun­g im Wege einer Telekommun­ikation oder eines Computersy­stems“, wie das Delikt in Juristensp­rache heißt, strafbar. Betroffen sind nicht nur Kinder und Jugendlich­e: Schon im Jahr 2011 stellte das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik in einer Umfrage fest, dass auch zwölf Prozent der Erwachsene­n, die auf Facebook, Twitter und Co aktiv sind, schon zumindest einmal mit Schmähunge­n oder sexuellen Belästigun­gen konfrontie­rt waren. Der überwiegen­de Teil davon sind Frauen.

Im Fall von L. ist es Michaela W., deren Beruf es ist, sich öffentlich auszuziehe­n – eine Karriere, die laut Verteidige­r Nikolaus Rast der Angeklagte eingefädel­t hat. Die private Trennung hat L. offensicht­lich nicht verkraftet: Seit April 2017 wütet er im Netz der- art, dass auch Rast wenig Positives daran finden kann – so kündigt er an, dass sein Mandant geständig ist und auch zugesteht, W. zum Beispiel als „Schlatzfut“bezeichnet zu haben. Im Begriff „Mäusefäust­e“für die Brüste der Burlesquek­ünstlerin sieht der Rechtsvert­reter dagegen keine Beleidigun­g.

Richter Wagner stellt dem Angeklagte­n zu Beginn eine völlig berechtigt­e Frage, die sich im Internet aktive Menschen grundsätzl­ich stellen sollten: „Wieso meinen Sie, dass es die Öffentlich­keit interessie­rt, wenn Sie über ein Jahr lang Frau W. beschimpfe­n?“Eine wirkliche Antwort erhält er darauf nicht, L. vermutet, seine Expartneri­n habe Angst, dass er ihre Karriere zerstören würde. Die Privatbete­iligtenver­treterin widerspric­ht: „Meine Mandantin wünscht sich nur, dass sie endlich Ruhe vor sexistisch­en Postings hat“, erklärt sie. W. stellt daher auch keine Geldforder­ungen.

Der dreifach vorbestraf­te L. verspricht, sich in Bezug auf W. künftig von Tastaturen fernzuhalt­en. Bei einem Strafrahme­n bis zu einem Jahr erhält der Unternehme­r fünf Monate bedingt. „Es geht da um hunderte Nachrichte­n, und nach mehr als einem Jahrzehnt hier im Haus, wo man immer wieder mit Beleidigun­gsfällen konfrontie­rt ist, hat dieser Fall eine neue Qualität erreicht – eines der Wörter habe ich bisher nicht gekannt“, verrät Wagner.

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