Ein Kniefall in der Sache mit dem Kniefall
National Football League gestattet freie Meinungsäußerung nur noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Atlanta/Washington – Am besten ganz raus mit ihnen: Die Entscheidung der National Football League (NFL), kritischen Profis das Knien als Zeichen des Protestes gegen Rassismus, soziale Ungerechtigkeit und Polizeigewalt während der Hymne vor Spielbeginn zu verbieten, hat Donald Trump dazu animiert, weiter an der Eskalationsschraube zu drehen. „Diese Leute sollten nicht spielen, nicht anwesend sein, vielleicht nicht im Land sein“, sagte der Präsident in einer von ihm sehr geschätzten TV-Show. Was die Milliardenliga eine „ausgewogene Regelung“nannte, war auch für Mike Pence ein politischer Triumph. „Ein Sieg für Amerika. Danke, NFL“, twitterte Trumps Vize.
Die Besitzer der 32 Ligateams wollen ausschließlich patriotische TV-Bilder vor den Matches der weltweit finanzstärksten Sportliga sehen. Spieler dürfen die Hymne auf dem Feld nur noch aufrecht stehend anhören. Wer einer persönlichen Meinung Ausdruck verleihen möchte, darf dies zukünftig nur noch in der Umkleidekabine tun – unter Ausschluss der Öffentlichkeit also. „Unsere Entscheidung ermöglicht es, dass die Fans sich wieder auf die Athleten konzentrieren und das Spiel genießen können“, sagte NFLCommissioner Roger Goodell zur in Atlanta binnen drei Stunden beschlossenen Regelung, die vor allem dazu dient, nervös gewordene Sponsoren zu beruhigen.
Lediglich Jed York von den San Francisco 49ers hatte leise Vorbehalte: „Ich kann nicht für die neue Regelung stimmen, aber eben auch nicht gegen sie.“
Die Profis waren vor der Entscheidungsfindung ihrer Bosse nicht gefragt worden. Besonders der Vorwurf des fehlenden Patriotismus verärgerte die Spielergewerkschaft NFLPA. „NFL-Spieler haben ihren Patriotismus durch ihre sozialen Aktivitäten und ihren Dienst an der Gemeinschaft gezeigt. Allerdings auch durch Proteste bezüglich der Themen, die ihnen am Herzen liegen“, hieß es in einer Mitteilung.
Resignation ließ Colin Kaepernick erkennen. Der Ersatz-Quarterback der 49ers war am 14. Au- gust 2016 der erste Spieler gewesen, der mit einem Kniefall den Hass von Millionen US-Bürgern auf sich gezogen hatte. Ein Jahr später – Kaepernicks Beispiel hatte Schule gemacht – legte Trump in einer Rede den Klubbesitzern die seiner Meinung nach einzig mögliche Antwort in den Mund: „Schafft den Hurensohn sofort vom Feld. Er ist gefeuert!“
Kaepernick, mittlerweile ein arbeitsloser Quarterback, ist vom Kniefall der Klubbesitzer und seinem eigenen Schicksal nicht überrascht. „So ist es meistens. Wer ein System von innen reformieren will, wird am Ende selbst reformiert.“Die NFLPA will die Vereinbarung prüfen. Energischer Protest klingt anders. (sid, red)