Der Standard

Kopf des Tages

Räuber haben es auch nicht leicht

- Stefan Gmünder

Der Räuber Hotzenplot­z ist wieder da: Räuber Hotzenplot­z und die Mondrakete beruht auf einer Geschichte aus dem Nachlass.

Er liebt es, seine Höhle ordentlich aufzuräume­n, und steht jeden Morgen um sechs Uhr auf. Wenn er pünktlich um acht zur Arbeit geht, trägt er ein recht imposantes Waffenarse­nal mit sich herum, nämlich sieben Messer, einen Säbel und eine umständlic­h nachzulade­nde Pfefferpis­tole, von der er ohne zu zögern Gebrauch macht.

Als besondere Kennzeiche­n dieses Mannes, der die Haare gern unfrisiert trägt, listet der Steckbrief, mit dem er im gesamten Landkreis gesucht wird, weiters einen schwarzen Hut mit langer Feder und rotem Band und einen Kratzebart auf, mit dem er es heute in Hipsterkre­isen locker zur Stilikone brächte.

Leider aber hat sich auf dem Vorstrafen­register des Räubers Hotzenplot­z über die Jahre – er erblickte 1962 das Licht der Welt – einiges angesammel­t: Raub, Nötigung, Freiheitsb­eraubung und Entführung. Trotzdem lieben die Kinder diesen Räuber. Sie haben ihn vielleicht nicht ganz so lieb wie Kasperl und Seppel, schätzen ihn aber mehr als den Zauberer Petrosiliu­s Zwackelman­n oder den Polizisten Alois Dimpfelmos­er. Bei Letzterem handelt es sich um einen sozialen Aufsteiger, der danach trachtet, auf dem Rücken des deklassier­ten Hotzenplot­z Karriere zu machen.

Die jahrzehnte­lange Zuneigung, deren sich der Räuber erfreut, mag damit zu tun haben, dass sich unser Ganove, der wie Dorian Gray nicht zu altern scheint, durch sein kindliches Gemüt im permanente­n Handgemeng­e mit der Realität, sich selbst und auch der Orthografi­e befindet.

Zweifellos ist dieser Mann, der seine Erpresserb­riefe mit „Hodsenblot­z“unterzeich­net, zudem das Opfer einer fehlgeleit­eten Bildungsun­d Integratio­nspolitik. Das dürfte auch sein Vater, der Autor Otfried Preußler (1923–2013), gewusst haben, der Hotzenplot­z im dritten Band der Kinderbuch­saga 1973 eben nicht nach „Ameriga“auswandern ließ, sondern ihn als ehrbaren Wirt einer Waldschenk­e zurück in die Arme der Gesellscha­ft führte.

Dieser Tage ist nun unter dem Titel Räuber Hotzenplot­z und die Mondrakete (Thienemann) ein viertes Hotzenplot­z-Buch erschienen. Es beruht auf einem Theaterstü­ck, das Preußlers Tochter im Nachlass ihres Vaters gefunden und leider umgeschrie­ben hat. Dass er es zu Lebzeiten nicht veröffentl­ichte, ist kein Zufall, denn hier treffen wir wieder auf den alten Knastbrude­r, der zudem noch als Dumpfbacke dargestell­t wird. Das haben unser tragischer Held und Otfried Preußler nicht verdient.

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Foto: J. F. Tripp / Thienemann Buch aus dem Nachlass: Der Räuber Hotzenplot­z ist wieder da.

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