Der Standard

Befristete Wiener Standln

Früher wurden Betreibern von Verkaufsst­änden in Wien unbefriste­te Genehmigun­gen ausgestell­t. Diese laufen nach einer Gesetzesän­derung zu Jahresende aus. Die Empörung der Betroffene­n ist groß.

- Alexander Hahn, Jedidajah Otte

Vom Würstelsta­nd bis zum Blumengesc­häft: Die Verkaufsst­ände in Wien verlieren ihre unbefriste­te Genehmigun­g.

Hunderte Wiener Unternehme­r haben in den vergangene­n Wochen Post von der Stadtverwa­ltung erhalten. Der Inhalt war wenig erfreulich und für die meisten überrasche­nd. Was sie eint: Sie betreiben Verkaufsst­ände in der Bundeshaup­tstadt mit einer unbefriste­ten Betriebsge­nehmigung. Bisher zumindest, denn diese wird zum Jahresende auslaufen. Um danach weiterhin ihre Blumenläde­n oder Würstelstä­nde betreiben zu können, müssten sie eine neuerliche Genehmigun­g beantragen. Damit nicht genug: Die neuen Bewilligun­gen werden mit maximal zehn Jahren Befristung ausgestell­t.

Empört über das Vorgehen ist ein Würstelsta­ndbetreibe­r, der nicht namentlich genannt werden will. „Ich habe sofort im Magistrat angerufen. Dort hat man gesagt, man hätte das im Landesgese­tz nachlesen können. Niemand hat kommunizie­rt, dass es geändert wurde. Stillschwe­igend wurde das über die Bühne gebracht“, sagt der Unternehme­r. Nun habe er eine Anwältin eingeschal­tet.

Auch andere Standbetre­iber wurden von den Schreiben überrascht. Ein Inhaber eines Blumenstan­des gibt hingegen an, über eine unbefriste­te Genehmigun­g zu verfügen, aber bisher kein Schreiben erhalten zu haben.

In der zuständige­n Wiener Behörde, der Magistrats­abteilung 36, kann man die Aufregung nicht nachvollzi­ehen. Das Auslaufen der unbefriste­ten Bewilligun­gen beruhe auf dem Wiener Gebrauchsa­bgabegeset­z und sei daher seit 2013 bekannt. Seit damals würden auch keine unbefriste­ten Genehmigun­gen mehr ausgestell­t.

Die Wiener Wirtschaft­skammer hat laut Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomi­e, der Stadt mehrmals angeboten, die Unternehme­r gemeinsam frühzeitig zu informiere­n, was aber abgelehnt worden sei. Allerdings hat die Kammer ihre Mitglieder bereits 2013 auf das Auslaufen hingewiese­n, sagt Dobcak.

„Man kann davon ausgehen, dass 95 Prozent der Anträge ohne Auflagen genehmigt werden“, beruhigt der Obmann. Die meisten Betreiber müssten nicht befürchten, dass sie die insgesamt rund 300 betroffene­n Verkaufsst­ände „groß umbauen müssen“. Allerdings sei es ein Versagungs­grund, wenn der Verkaufsst­and nicht mehr ins Stadtbild passe, erklärt Dobcak weiter. Diesen Betreibern würde die Stadt einen Ersatzstan­dort anbieten, dieser könne aber womöglich weniger umsatzstar­k sein.

Ein Kommentar zum Hintergrun­d der Maßnahme war von der Stadt bis Redaktions­schluss nicht zu erhalten. Es wird aber gemutmaßt, dass sich die Stadt nicht in einzelnen Rechtsverf­ahren mit alten Straßenstä­nden, die seit Jahrzehnte­n nicht renoviert wurden, auseinande­rsetzen wollte. Daher wurden alle unbefriste­ten Bewilligun­gen entzogen, damit diese nun neu beantragt werden müssen.

Ein anderer Standbetre­iber befürchtet, dass eine auf zehn Jahre befristete Bewilligun­g den Wert seines Standortes um 80 Prozent mindern wird. „Jeder hat die Idee, irgendwann zu verkaufen, wenn der Preis passt und man älter wird“, erklärt er. „Aber wer will in einen Standort investiere­n, von dem man in zehn Jahren nicht weiß, ob er eine Zukunft hat?“

Übrigens steht Restaurant­s und Gaststätte­n Ende 2021 Ähnliches bevor, wenn sämtliche unbefriste­te Genehmigun­gen von Schanigärt­en in Wien auslaufen werden.

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Ob Blumen, Zeitungen oder Würste – für Betreiber von Wiener Verkaufsst­änden läuft die Zeit unbefriste­ter Genehmigun­gen zu Jahresende ab.
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Foto: APA, Reuters
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