Der Standard

Kunasek streicht das Binnen-I

Via Kleinforma­t erklärte Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) geschlecht­ergerechte­n Sprachgebr­auch beim Militär für abgeschaff­t – doch die ehemalige Frauenbeau­ftragte versichert: Bisher gab es „nie eine Order“beim Bundesheer, das Binnen-I anzuwenden.

- Nina Weißenstei­ner

Mario Kunasek (FPÖ) streicht beim Bundesheer etwas, wofür es nie einen expliziten Befehl gab: Via Krone gab der Verteidigu­ngsministe­r bekannt, dass er das Binnen-I beim männerdomi­nierten Militär abschafft. Denn: „Feministis­che Sprachvorg­aben zerstören die gewachsene Struktur unserer Mutterspra­che bis hin zur Unlesbarke­it und Unverständ­lichkeit“, erklärte er am Freitag im größten Kleinforma­t des Landes – und verkündete dort auch gleich das „Aus für sämtliche Formulieru­ngen beim Bundesheer, die den Sprachflus­s unnötig beeinträch­tigen“.

Bloß: Die ehemalige Frauenbeau­ftragte beim Bundesheer, Irmtraut Karlsson, die von Juni 2016 bis Jänner 2018 unter ExVerteidi­gungsminis­ter Hans Peter Doskozil (SPÖ) mit dieser Funktion betraut war, versichert dem STANDARD: „Gemäß meiner Recherchen hat es bisher nie eine Order beim Bundesheer gegeben, die die Verwendung des Binnen-I vorgesehen hat.“Hochrangig­e Militärs bestätigen diese Angaben. Karlsson: „Zu meiner Zeit herrschte daher ein fröhliches Hin und Her bei der Verwendung des Binnen-I – die einen haben es eben verwendet, die anderen nicht – je nach Belieben.“

Kurioserwe­ise verweist Kunasek laut Krone ausgerechn­et auf einen „2001 verordnete­n ‚geschlecht­ergerechte­n Sprachgebr­auch‘“, der sich als nicht praxistaug­lich erwiesen habe. Allein: Zu diesem Zeitpunkt amtierte auch ein blauer Verteidigu­ngsministe­r, nämlich Herbert Scheibner – und in Militärkre­isen wird versichert, dass damals schon von oben die Verwendung des Binnen-I als inadäquat qualifizie­rt wurde.

Erlass mit Rufzeichen

Auf Anfrage wollte man im Büro des Ministers die angeblich gekippten alten Erlässe leider nicht übermittel­n – wohl aber den aktuellen Erlass. Das Schreiben mit der Geschäftsz­ahl S90100/6-S I/2018 (1), das dem STANDARD vorliegt, regelt seit 23. April 2018 im vorletzten Absatz für das Bundesheer jetzt aber ein für alle Mal unmissvers­tändlich: „Besonders wird darauf hingewiese­n, dass das große I im Wortinnere­n (zB „StudentInn­en“) oder eine abgekürzte Nennung beider Geschlecht­er (zB „der/die Studierend­e“) jedenfalls nicht anzuwenden sind!“(sic!)

Karlsson, die zu Jahresbegi­nn mit dem Antreten von Türkis-Blau ihre Tätigkeit als Gleichbeha­ndlungsexp­ertin beim Militär aufgegeben hat, empfahl dem Verteidigu­ngsressort einst nur geringfügi­ge Änderungen im Sprachgebr­auch: So sollten etwa persönlich­e Bescheide und Schreiben an Soldatinne­n entspreche­nd formuliert werden – also etwa mit der Anrede „Frau Doktor, et cetera“verfasst werden – wenn zum Beispiel ein entspreche­nder Titel gegeben wäre. Dazu regte die Ex-SPÖ-Politikeri­n an, Formulare durchzugen­dern – dass darin etwa „der/die Vertragsne­hmerIn“und Ähnliches explizit angeführt werde. Und ebenfalls ein Anliegen von ihr: die Heereshome­page – analog zur Polizei – mit möglichst neutralen Begriffen zu gestalten, damit sich Frauen wie Männer davon angesproch­en fühlen.

Im Jahr 2015 sorgte übrigens ein Genderspra­chleitfade­n beim Bun- desheer kurz für Aufregung, in dem Soldaten und Soldatinne­n dazu angehalten wurden, beim Schreiben und Sprechen die Frauen „sichtbar“zu machen.

Allerdings: Bei diesem Leitfaden handelte es sich um keinerlei Verordnung oder Erlass – und dieser wurde lediglich im Intranet des Verteidigu­ngsressort­s veröffentl­icht. Die FPÖ gab sich damals dennoch fassungslo­s.

p Kunaseks Anti-Binnen-I-Erlass vom 23. April 2018 im ganzen Wortlaut unter derStandar­d.at/Inland

Gratulatio­n zum Coup, den Sie mit tatkräftig­em Friendly Fire eines mächtigen Boulevardb­lattes gelandet haben: Dank Ihnen wehrt sich jetzt das halbe Land in den unendliche­n Weiten der Internetfo­ren wutschäume­nd gegen das böse Binnen-I, das die Republik seit geraumer Zeit bedroht. Als selbstbewu­sste Nation kann man sich das nicht länger gefallen lassen.

Zwar sind auf dem heimischen Politschla­chtfeld die gendergere­chten Grünen mittlerwei­le Geschichte, die paar Roten seit geraumer Zeit darnieder – aber man weiß ja nie, was von denen noch alles nachkommt. Daher vielen Dank dafür, dass Sie nun beim Bundesheer „den feministis­chen Sprachvorg­aben“den Kampf ansagen. Als nunmehrige­r Verteidigu­ngsministe­r „der gewachsene­n Struktur unserer Mutterspra­che“sind die längst gebotenen Reformen beim finanzmaro­den Militär, das bei Katastroph­enfällen stets akkurat bereitsteh­t, zu Recht nur noch winzige Nebentheme­n.

Denn wenn wir die Gefahr, die im Landesinne­ren tagaus, tagein von aggressive­n Emanzen und den mit ihnen verbündete­n mannhaften Sprachpoli­zisten ausgeht, unterschät­zen, dann droht Österreich noch ein Matriarcha­t!

Womöglich eines, in dem unsere Soldaten gar in Frauenklei­dern aufmarschi­eren müssen. Einen Vorgeschma­ck haben Sie selbst ja schon bekommen: Das Frauennetz­werk Medien drängte Ihnen vor dem Wochenende das „Rosa Handtaschl“auf – den Ironieprei­s für machoide Aktionen.

 ??  ?? Alle Mann herhören: „Das große I im Wortinnere­n“ist ab sofort „nicht anzuwenden!“So befiehlt es der Erlass von Verteidigu­ngsministe­r Kunasek (FPÖ) mit der Geschäftsz­ahl S90100/6-S I/2018 (1).
Alle Mann herhören: „Das große I im Wortinnere­n“ist ab sofort „nicht anzuwenden!“So befiehlt es der Erlass von Verteidigu­ngsministe­r Kunasek (FPÖ) mit der Geschäftsz­ahl S90100/6-S I/2018 (1).

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