Zehnjahresfrist für rotes Mandat
Die SPÖ erhält ein neues, linkeres Programm und neue, dynamischere Strukturen. Wer zehn Jahre ein politisches Mandat ausgeübt hat, soll danach etwas anderes machen.
Die SPÖ verpasst sich nach zwanzig Jahren ein neues Parteiprogramm, an dem in den vergangenen Jahren intensiv gefeilt wurde. Am Freitag passierte es Parteipräsidium und Vorstand, wo noch letzte Änderungen vorgenommen wurden. Im Juni gibt es dazu eine Mitgliederbefragung, im Oktober soll das Programm bei einem Parteitag beschlossen werden.
SPÖ-Chef Christian Kern widerspricht nicht, wenn man dem neuen Programm eine deutliche Ausrichtung nach links attestiert. „Viele in der SPÖ haben ein heißes Herz“, sagt Kern, „aber wir müssen schon auch aufpassen, dass wir nicht den Anschluss an die Mitte verlieren.“Eine Diskussion über das kapitalistische System soll mit dem neuen Programm aber durchaus angestoßen werden (Details siehe Artikel rechts).
Der Plan A sei immer noch aktuell, aber mehr auf die Tagespolitik bezogen, das Parteiprogramm hingegen sei auf die nächsten zwanzig Jahre ausgerichtet, daher auch wenig aktuell.
Die SPÖ bekennt sich zum Grundsatz „Integration vor Zuwanderung“und spricht sich für den Schutz der EU-Außengrenzen aus. Die Migrationsfrage sei ein Feld der Rechten, dürfe diesen aber nicht überlassen werden. „Hier muss auch die SPÖ klare Antworten geben“, sagt Kern. Selbstverständlich sei das Bekenntnis zu den Menschenrechten, hier gehe es um die Seele der Partei. Mit diesem Bekenntnis dürfe aber keine falsch verstandene Toleranz einhergehen, auch bei extremistischen oder islamistischen Strömungen dürfe man nicht wegschauen.
Kein Grundeinkommen
Über das arbeitslose Grundeinkommen habe es im Vorfeld die heftigsten Diskussionen gegeben, erzählt Kern, letztlich habe man sich aber dafür entschieden, es nicht ins Programm zu schreiben. Stattdessen findet sich darin die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung.
Parallel zum Parteiprogramm wird es auch eine Reform der Parteistrukturen geben. Die SPÖ wolle so ihre Glaubwürdigkeit zurückerkämpfen, sagt Kern, er wolle für „positive Irritation“sorgen. Die SPÖ dürfe nicht nur sich selbst genügen. Auffälligste Änderung ist eine zeitliche Beschränkung des politischen Mandats. Wer zehn Jahre auf einer politischen Ebene ein Mandat ausgeübt hat, soll sich danach einer anderen Aufgabe widmen. Nur wer ausdrücklich mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigt wird, kann auch nach zehn Jahren in eine weitere Funktionsperiode gehen. Kern: „Politik soll nicht als Lebensaufgabe verstanden werden, da entsteht das Risiko der Saturiertheit.“
Mit der Regeländerung soll eine laufende personelle Erneuerung und Auffrischung der Partei sichergestellt werden. Kern erwartet sich eine „Dynamisierung“. Davon betroffen wäre auch Klubobmann Andreas Schieder, der bereits seit zwölf Jahren Abgeordneter zum Nationalrat ist und damit die Zehnjahresfrist überschritten hat. Er bräuchte jetzt eine Extrazustimmung der Gremien.
Was die interne Mitbestimmung betrifft, gehen die Sozialdemokraten Richtung Grüne und führen eine Art Basisdemokratie ein. Bei der Listengestaltung soll es ein Vorwahlsystem mit anonymer Abstimmung geben. Prinzipiell sollen die Parteimitglieder mehr Mitspracherecht erhalten: Finden sich mehr als zehn Prozent der Mitglieder, können sie eine Abstimmung über politische Positionen verlangen. Diese soll dann bindend sein. Kern geht davon aus, dass künftig über diesen Weg auch über den jeweiligen Parteivorsitzenden abgestimmt wird. Dass etwa auch über einen EUAustritt abgestimmt werden könnte, glaubt Kern nicht. „Da hätte es die Partei längst zerrissen.“
Außerdem will sich die SPÖ Richtung Zivilgesellschaft öffnen. Die bisherige Organisationsstruktur über Ortsgruppen wird durch Themensektionen ergänzt, die statutarisch abgesichert werden sollen. Dabei könnten auch Nichtparteimitglieder Stimmrecht bei einem Parteitag erhalten.