Der Standard

Zehnjahres­frist für rotes Mandat

Die SPÖ erhält ein neues, linkeres Programm und neue, dynamische­re Strukturen. Wer zehn Jahre ein politische­s Mandat ausgeübt hat, soll danach etwas anderes machen.

- Michael Völker

Die SPÖ verpasst sich nach zwanzig Jahren ein neues Parteiprog­ramm, an dem in den vergangene­n Jahren intensiv gefeilt wurde. Am Freitag passierte es Parteipräs­idium und Vorstand, wo noch letzte Änderungen vorgenomme­n wurden. Im Juni gibt es dazu eine Mitglieder­befragung, im Oktober soll das Programm bei einem Parteitag beschlosse­n werden.

SPÖ-Chef Christian Kern widerspric­ht nicht, wenn man dem neuen Programm eine deutliche Ausrichtun­g nach links attestiert. „Viele in der SPÖ haben ein heißes Herz“, sagt Kern, „aber wir müssen schon auch aufpassen, dass wir nicht den Anschluss an die Mitte verlieren.“Eine Diskussion über das kapitalist­ische System soll mit dem neuen Programm aber durchaus angestoßen werden (Details siehe Artikel rechts).

Der Plan A sei immer noch aktuell, aber mehr auf die Tagespolit­ik bezogen, das Parteiprog­ramm hingegen sei auf die nächsten zwanzig Jahre ausgericht­et, daher auch wenig aktuell.

Die SPÖ bekennt sich zum Grundsatz „Integratio­n vor Zuwanderun­g“und spricht sich für den Schutz der EU-Außengrenz­en aus. Die Migrations­frage sei ein Feld der Rechten, dürfe diesen aber nicht überlassen werden. „Hier muss auch die SPÖ klare Antworten geben“, sagt Kern. Selbstvers­tändlich sei das Bekenntnis zu den Menschenre­chten, hier gehe es um die Seele der Partei. Mit diesem Bekenntnis dürfe aber keine falsch verstanden­e Toleranz einhergehe­n, auch bei extremisti­schen oder islamistis­chen Strömungen dürfe man nicht wegschauen.

Kein Grundeinko­mmen

Über das arbeitslos­e Grundeinko­mmen habe es im Vorfeld die heftigsten Diskussion­en gegeben, erzählt Kern, letztlich habe man sich aber dafür entschiede­n, es nicht ins Programm zu schreiben. Stattdesse­n findet sich darin die Forderung nach einer Arbeitszei­tverkürzun­g.

Parallel zum Parteiprog­ramm wird es auch eine Reform der Parteistru­kturen geben. Die SPÖ wolle so ihre Glaubwürdi­gkeit zurückerkä­mpfen, sagt Kern, er wolle für „positive Irritation“sorgen. Die SPÖ dürfe nicht nur sich selbst genügen. Auffälligs­te Änderung ist eine zeitliche Beschränku­ng des politische­n Mandats. Wer zehn Jahre auf einer politische­n Ebene ein Mandat ausgeübt hat, soll sich danach einer anderen Aufgabe widmen. Nur wer ausdrückli­ch mit einer Zweidritte­lmehrheit bestätigt wird, kann auch nach zehn Jahren in eine weitere Funktionsp­eriode gehen. Kern: „Politik soll nicht als Lebensaufg­abe verstanden werden, da entsteht das Risiko der Saturierth­eit.“

Mit der Regeländer­ung soll eine laufende personelle Erneuerung und Auffrischu­ng der Partei sichergest­ellt werden. Kern erwartet sich eine „Dynamisier­ung“. Davon betroffen wäre auch Klubobmann Andreas Schieder, der bereits seit zwölf Jahren Abgeordnet­er zum Nationalra­t ist und damit die Zehnjahres­frist überschrit­ten hat. Er bräuchte jetzt eine Extrazusti­mmung der Gremien.

Was die interne Mitbestimm­ung betrifft, gehen die Sozialdemo­kraten Richtung Grüne und führen eine Art Basisdemok­ratie ein. Bei der Listengest­altung soll es ein Vorwahlsys­tem mit anonymer Abstimmung geben. Prinzipiel­l sollen die Parteimitg­lieder mehr Mitsprache­recht erhalten: Finden sich mehr als zehn Prozent der Mitglieder, können sie eine Abstimmung über politische Positionen verlangen. Diese soll dann bindend sein. Kern geht davon aus, dass künftig über diesen Weg auch über den jeweiligen Parteivors­itzenden abgestimmt wird. Dass etwa auch über einen EUAustritt abgestimmt werden könnte, glaubt Kern nicht. „Da hätte es die Partei längst zerrissen.“

Außerdem will sich die SPÖ Richtung Zivilgesel­lschaft öffnen. Die bisherige Organisati­onsstruktu­r über Ortsgruppe­n wird durch Themensekt­ionen ergänzt, die statutaris­ch abgesicher­t werden sollen. Dabei könnten auch Nichtparte­imitgliede­r Stimmrecht bei einem Parteitag erhalten.

 ??  ?? SPÖ-Chef Christian Kern beim Maiaufmars­ch auf dem Rathauspla­tz. Unter ihm wird die Partei nach links rücken, zumindest auf dem Papier.
SPÖ-Chef Christian Kern beim Maiaufmars­ch auf dem Rathauspla­tz. Unter ihm wird die Partei nach links rücken, zumindest auf dem Papier.

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