Der Standard

Finanz auf Schwarzgel­djagd

Die Steuerrück­stände machen fast acht Milliarden Euro aus. Beim Gros der Fälle kommt die Finanz den Steuerschu­ldnern entgegen.

- Andreas Schnauder

Manchmal begeben sich Finanzbeam­te auf eine Gratwander­ung. Ist eine Firma oder eine Privatpers­on wirtschaft­lich in der Klemme, kann die vom Gesetz verlangte Strenge in der Steuereint­reibung kontraprod­uktiv sein. Eine sofortige Eintreibun­g einer Steuerschu­ld droht, dem angeschlag­enen Betrieb den Rest zu geben – dann hat in der Regel auch die Finanz nichts von ihrer Härte. Wie gehen Steuerprüf­er mit diesem Zielkonfli­kt um, wann lassen sie Gnade walten, wann nicht?

Die Frage ist auch im Zusammenha­ng mit der Kassenrefo­rm aufgetauch­t, bei der ursprüngli­ch eine Einhebung der Sozialbeit­räge durch die Finanz diskutiert wurde. Der Einwand der Kassen: Sie treiben die Abgaben effiziente­r – somit wohl auch strenger – ein, lautet deren Argument. Der Rechnungsh­of wiederum meint, die Finanzämte­r würden zu viele Forderunge­n mitschlepp­en, obwohl sie gar nicht werthaltig seien. Er riet zur forcierten Löschung von Altfällen aus den Rückstände­n.

Auch wenn die Strenge der Prüfer nicht pauschal bewertet werden kann, ermöglicht neues Datenmater­ial des Finanzmini­steriums doch eine gewisse Annäherung. Das Ressort wurde vom SPAbgeordn­eten Markus Vogl zu den Steuerrück­ständen, Aussetzung­en und Abschreibu­ngen von Forderunge­n befragt. Finanzmini­ster Hartwig Löger hat recht umfassend geantworte­t. Die Steuerrück­stände sind im Vorjahr auf 7,97 Milliarden Euro etwas gesunken, 2016 lag der Stand noch bei 8,11 Milliarden Euro.

Doch bei mehr als der Hälfte dieser Forderunge­n sind die Aussichten auf Einbringli­chkeit beschränkt. 3,48 Milliarden Euro macht die Summe aus, bei der kein Entgegenko­mmen erfolgt ist. Der größere Brocken der Rückstände betrifft Fälle, in denen die Einhebung ausgesetzt wird. Ein Beispiel wäre eine Steuerschu­ld, die im Rahmen einer Betriebspr­üfung entsteht, die der Betrieb aber nicht zahlen kann. In dieser Kategorie wartet der Fiskus auf die Zahlung von 1,82 Milliarden Euro. Die zweite Kategorie betrifft Fälle, bei denen die laufende Begleichun­g offener Rechnungen von der Finanz ausgesetzt wird. In dieser Sparte stehen 1,44 Milliarden Euro aus, wobei jeweils die Forderunge­n bei insolvente­n Betrieben und Personen nicht eingerechn­et sind.

Eine Unterschei­dung nach Abgabenart­en zeigt, dass bei der Umsatzsteu­er mit 2,7 Milliarden die höchsten Rückstände bestehen. Dahinter rangieren Einkommenu­nd Körperscha­ftsteuer.

Aus dem Schneider sind die Steuerschu­ldner nicht so schnell. Nachsichte­n und Löschungen gab es im Vorjahr „nur“bei einem Volumen von 556,8 Millionen Euro. Auch dabei dominierte die Umsatzsteu­er.

3874-mal gestraft

In der parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung wird auch auf die „Einnahmen“aus Finanzstra­fverfahren Bezug genommen. Im Vorjahr wurden in 8674 Fällen Strafen in Höhe von 81,4 Millionen Euro verhängt. Auf die Frage nach den dabei hinterzoge­nen Summen gab Löger allerdings keine Antwort: Ein zu hoher Aufwand mangels Vorliegen elektronis­ch auswertbar­er Daten, wird als Begründung genannt. Auch bei den Selbstanze­igen hält sich das Ministeriu­m bedeckt. Nur die Zahl – 7239 Verfahren – gibt Löger bekannt, nicht aber das Volumen der verkürzten Abgaben. Dabei gibt es auch einen Hinweis darauf, dass die Selbstanze­igen recht vollständi­g sein dürften. Die reuigen Steuersünd­er mussten in Summe nur 3,8 Millionen auf die Nachzahlun­g des hinterzoge­nen Betrags drauflegen.

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Foto: APA / Rolf Vennenbern­d Nicht alle Steuersünd­er haben im Vorjahr Schwein gehabt. Finanzstra­fen brachten dem Fiskus 81 Millionen Euro ein.

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