EU-Datenschutzregeln als globales Vorbild
Die DSGVO trat am Freitag in Kraft, Datenschützer brachten bereits Beschwerden ein
Wien – Die neue „Neue Ära des Datenschutzes“wurde in den letzten Tagen mit einer Flut von EMails eingeleitet. Nun folgt die zweite Phase: Jene, in der Datenschützer und Nutzer juristisch gegen Verstöße vorgehen können. Seit Freitag gilt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union, wenige Stunden später wurden die ersten Beschwerden eingebracht. Noyb.eu, die Nichtregierungsorganisation von Datenschützer Max Schrems, hat die Datenschutzbehörden von vier Ländern über etwaige Verstöße von Facebook, Instagram und Whatsapp sowie Googles mobilem Betriebssystem Android informiert.
Noyb.eu moniert, dass Nutzer bei den genannten Services „gezwungen“wurden, Zustimmungen zu bestimmten Datenverarbeitungen zu erteilen. Andernfalls würden sie von der Nutzung der Dienste ausgeschlossen. Das verstoße laut Schrems gegen die Datenschutzgrundverordnung. „Es ist simpel: Für alles, was strikt notwendig für einen Dienst ist, braucht man keine Zustimmungsbox. Für alles andere muss der Nutzer frei Ja oder Nein sagen können“, erklärte Schrems.
Derartige Beschwerden dürfte es in nächster Zeit gehäuft geben. Viele Unternehmen haben ihre Datenschutzeinstellungen erst auf den letzten Drücker überarbeitet, obwohl die Verordnung eine Vorlauffrist von zwei Jahren hatte. Besonders die Flut an E-Mails über Newsletter-Anmeldungen verärgerte in den vergangenen Tagen zahlreiche User.
Nutzer können ab sofort Auskünfte darüber verlangen, wie Firmen ihre Daten speichern und analysieren. Sie dürfen also nun erfahren, ob sie in bestimmten Kategorien gespeichert werden. Datenschützer planen bereits eine Welle an Anfragen, die dann binnen weniger Wochen beantwortet werden müssen.
„Weltweiter Anführer“
Die Auswirkungen der DSGVO werden weltweit mit Argusaugen beobachtet. Europa wird zum „weltweiten Anführer beim Datenschutz“, schrieb etwa die New York Times. Schon bei den Debatten rund um den FacebookDatenskandal verwiesen zahlreiche US-Politiker auf die DSGVO. Die Neue Welt könne sich von der Alten etwas abschauen, kommentierte zuletzt Tom Wheeler, der ehemalige Chef der US-Telekombehörde FCC. In den USA gelten weit lockerere Datenschutzregeln, die sogar das Niveau der vorigen EU-Bestimmungen deutlich unterschreiten. So ist etwa der Handel mit Kreditkartendaten gang und gäbe.
Konkrete Schritte plant Brasilien, dessen Regierung sich sogar von Beamten aus Brüssel beraten ließ. Das dort geplante Gesetz für mehr Datenschutz ähnelt der EUDSGVO enorm, was für brasilianische Firmen Vorteile bietet: Diese können dann ohne Einschränkungen in Europa operieren. Auch Japan und Südkorea haben angekündigt, sich die DSGVO zum Vorbild zu nehmen. Das merken auch große IT-Konzerne, die deshalb immer mehr Lobbyisten nach Brüssel entsenden.
Während viele Unternehmen in den vergangenen Monaten über die Mehrarbeit stöhnten, rechnen Experten damit, dass die DSGVO langfristig Wettbewerbsvorteile bringt. So wird Datenschutz für Nutzer und Firmenkunden besonders seit den Enthüllungen über globale Spionage zu einem immer wichtigeren Feature. (fsc, sum)