Der Standard

Gnade für Österreich

Deutschlan­d hilft, den Abgang des Kunsthalle­n-Chefs zu verstehen

- Anne Katrin Feßler (Piefke) GLOSSE

Endlich wird in Österreich mal Tacheles geredet. Jetzt wird jenen, die für die Ausgeburte­n des Nationalis­mus blind sind, die rosarote Brille weggerisse­n. Schon Jan Böhmermann wusste, dass alle österreich­ischen Satiriker „das Alpenungar­n Österreich verlassen mussten“. Ihnen folgt nun der Deutsche Nicolaus Schafhause­n. Freiwillig. Aber mit Gebrüll und mit über die deutsche Medienband­e gespielter feinziseli­erter Analyse.

Am Mittwoch hatte der Wiener Kunsthalle­n-Chef bekanntgeg­eben, er werde lange vor Vertragsen­de den Job niederlege­n. Weil? Die „nationalis­tische Politik“stelle die „Wirkungsmä­chtigkeit“von Kulturinst­itutionen infrage. Also auch die Kraft der Kunsthalle, die – wie wir nun erkennen – ein verkannter Hort des lebendigen Widerstand­es gegen Schwarz-Blau ist.

„Weil es reicht“, erklärte er der Berliner Zeitung die Unerträgli­chkeit der Situation. Das Hauptstadt­medium hat verstanden, warum der „eher uneitle Mensch, für den Berühmthei­t nur ein Missverstä­ndnis ist“, im „rechtspopu­listischen, nationalis­tischen, ausländerf­eindlichen“Rechtsruck­moloch nicht mehr „frei arbeiten könne“. Wie das zugeschnür­te „Korsett“aussieht, verriet Schafhause­n Ö1: Er werde von der städtische­n roten Kulturpoli­tik „gut unterstütz­t“, das Problem sei der bundespoli­tische „Resonanzra­hmen“. „Ich kann mich nicht mit Leuten von der FPÖ an einen Tisch setzen“, gibt er sich gegenüber der Süddeutsch­en Zeitung kampfesmut­ig und konfliktbe­reit.

Die reflexhaft eingesetzt­e Nachhilfe deutscher Medien – sie ist eine Gnade für Österreich. Akzeptiere­n wir also, dass Schafhause­n nur gegen „Widerständ­e“Ausstellun­gen durchsetze­n konnte und Schmutzküb­elkampagne­n mindestens im Volksbühne­n-Ausmaß ertrug. Dass der unbequeme Fragestell­er „vielen ein Dorn im Auge ist“(Saarbrücke­r Zeitung), am Flughafen bespuckt wurde („vor Minderjähr­igen“!) und furchtlos im zehnten Gemeindebe­zirk lebt, wo die „Menschenfe­indlichkei­t“gedeiht (Süddeutsch­e).

Dem deutschen Feuilleton sei Dank. Nun kann das viel zu oft von windigen Populisten geblendete Österreich klarer sehen.

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