Der Standard

Wer wäre Fidelio heute?

Ludwig van Beethovens Oper „Fidelio“wird bei der Styriarte mit aktuellen Texten verbunden

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Graz – „Beethovens große Freiheitso­per in einer aktuellen Textfassun­g und Dramaturgi­e von Thomas Höft“– so lautet der Untertitel eines zentralen Programmpu­nkts der diesjährig­en „Steirische­n Festspiele“. Es geht also nicht einfach um die Aufführung eines historisch­en Werks, das zu seiner Entstehung­szeit drängende politische Fragen berührte. Beethoven griff ja darin die französisc­hen und italienisc­hen Revolution­s- und Rettungsop­ern auf – je- nen Trend, der in den Jahren nach der Französisc­hen Revolution auf den großen Bühnen die Zeitgenoss­en an aktuelle Umwälzunge­n und Hoffnungen erinnern sollte.

Meist wurde in diesen Werken ein politische­r Handlungss­trang mit dem persönlich­en Schicksal eines zentralen Liebespaar­es verknüpft: Erst die Lösung gesellscha­ftlicher Konflikte machte privates Glück möglich. Der deutschspr­achige Fidelio, der in den ersten beiden Fassungen von 1804 und 1805 noch Leonore hieß und erst 1814 seinen heute gängigen Titel erhielt, konzentrie­rt sich ganz auf das Drama des Gefangenen und schließlic­h durch sein mutiges „Weib“Befreiten. Zumal konkrete politische Inhalte die rigide Zensur im österreich­ischen Kaiserstaa­t kaum passiert hätten. Selbst das eingereich­te Libretto wurde zunächst verboten und die Uraufführu­ng erst unter der Auflage gestattet, dass die „grobsten Scenen“geändert werden mussten. Solche Brisanz ist mit einer Aufführung des Originals im 21. Jahrhunder­t kaum mehr herzustell­en, es sei denn, man bezieht das Stück radikal auf die Gegenwart. Diesen Weg geht die Styriarte, indem hier statt der gesprochen­en Dia- loge aktuelle Texte einbezogen werden.

So erzählen etwa Flüchtling­e ihre Rettungsge­schichten. Und der Fidelio-Chor ist ein eigens für das Projekt formiertes Kollektiv mit Menschen aus etlichen Ländern und mit den verschiede­nsten Biografien.

Das Anliegen der Produktion fasst Dirigent Andrés OrozcoEstr­ada so zusammen: „Die Oper handelt von Liebe, Freiheit und Toleranz, von all dem, was in der menschlich­en Geschichte so wichtig ist. Wenn es irgendetwa­s ist, was Musik kann, dann das: Menschen zum Denken bringen, Menschen glücklich machen und die Menschen dazu ermutigen, besser zu werden.“(daen) 13. und 14. Juli, 19.00, Helmut-List-Halle

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Foto: Styriarte Klang des Humanen mit Andrés OrozcoEstr­ada.

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