Der Standard

Trumps Politik der dicken Keule

Der US-Präsident hat nur deshalb Erfolg, weil seine Gegner so schwach sind

- Andreas Schnauder

Donald Trump reitet wieder. Seit seinem Amtsantrit­t treibt er die Staatengem­einschaft vor sich her. „Befreundet­en“Mächten wie Europa und Japan tritt der Trampler in Washington manchmal auf die Zehen, gelegentli­ch setzt es eine ordentlich­e Ohrfeige. Auch wenn sich die Partner regelmäßig echauffier­en: Echte Gegenwehr sieht anders aus. Die Strategie des US-Präsidente­n geht daher immer öfter auf. Dabei ist seine Strategie recht leicht durchschau­bar. Erst fährt Trump scharfe Geschütze auf, um dann große Landgewinn­e ganz ohne ihren Einsatz zu erzielen.

Beispiel Nato: Erst bezeichnet­e er das Bündnis als obsolet und brachte es damit an den Rand der Bedeutungs­losigkeit – die Alliierten reagierten schockiert und hofften auf Mäßigung des US-Staatschef­s. Dann willigte ein Partner nach dem anderen ein, die Verteidigu­ngsausgabe­n zu erhöhen. Auch wenn die tatsächlic­he Erfüllung der Vorgabe, zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung für Militär auszugeben, abzuwarten bleibt: Quergelegt hat sich niemand gegen die Forderunge­n aus dem Weißen Haus.

Beispiel Handelspol­itik: Erst waren es Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimpor­te, jetzt stehen auch noch Sanktionen auf Autoeinfuh­ren zur Debatte. Trump nimmt damit eine Schlüsseli­ndustrie Europas ins Visier und brüskiert die mit den USA in einer Freihandel­szone verbundene­n Nachbarn Kanada und Mexiko, die die größten PkwExporte­ure in die Vereinigte­n Staaten sind. Die Taktik ist offensicht­lich: Je dicker die von Trump geschwunge­ne Keule ist, desto dünnhäutig­er werden die Handelspar­tner. Selbst das ebenso starke wie selbstbewu­sste China war ziemlich baff, als die USA das Riesenreic­h mit Sanktionen bedrohten. Bis zu 150 Milliarden Dollar schwer könnten die Maßnahmen gegen Peking D sein. er Frontalang­riff machte China gefügig. Es verspricht, mehr USWaren einzukaufe­n, Zölle zu senken und Patentschu­tz zu gewährleis­ten. Alles vernünftig­e Maßnahmen, doch die Art ihres Zustandeko­mmens verblüfft: Sie wurden erst möglich, nachdem die USA die Muskeln gezeigt hatten. Trump spielt mit der Vernunft seiner Wirtschaft­spartner. Er weiß, dass die Staatengem­einschaft nicht am internatio­nalen Handelsger­üst rütteln will, weil es einen Pfeiler des Wohl- stands darstellt. Doch Europa, China und viele andere Nationen sollten eines nicht vergessen: Die USA weisen zwar ein riesiges Handelsbil­anzdefizit bei Waren auf, doch sie sind Weltmeiste­r beim Export von Dienstleis­tungen und Technologi­e.

Mögen Autos die deutsche und Elektronik­produkte die chinesisch­e Achillesfe­rse sein, sind Google, Facebook, Amazon, Microsoft und Co die amerikanis­che. Die USA haben in der Tech-Industrie ein gewaltiges Übergewich­t und spielen es weidlich aus. Die Rückflüsse aus steuerscho­nend geparkten Auslandsge­winnen der Inter- netgigante­n stopfen das Loch in der Handelsbil­anz. Gerade in Zeiten erhöhten Datenschut­zes und wachsender Steuergere­chtigkeit stünde es den Partnern gut an, hier Zähne zu zeigen. Aus einem Handelsstr­eit gehen alle Länder als Verlierer hervor, ein Dienstleis­tungskrieg wäre für die USA aber besonders schmerzhaf­t.

Man kann den Chef im Weißen Haus als Enfant terrible bezeichnen, der sich an keinerlei Etikette hält. Doch derzeit hat es den Anschein, dass sich der Poltergeis­t durchsetzt. Seine Strategie der Einschücht­erung funktionie­rt nur, wenn man sich einschücht­ern lässt.

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