Der Standard

Nicht ganz linke Gedanken

- Katharina Mittelstae­dt

Österreich hat wieder eine linke Partei. Eine, die laut „Solidaritä­t“schreit. Eine, die Klassen und Privilegie­n ablehnt. Eine Partei, die das Patriarcha­t und den entgrenzte­n Kapitalism­us überwinden möchte. Eine, die das Wir in den Vordergrun­d stellt, Respekt einfordert. All das steht im neuen Parteiprog­ramm der SPÖ, das am Freitag präsentier­t wurde. Die heimische Sozialdemo­kratie positionie­rt sich damit wieder als klassische linke Partei – auf dem Papier.

Denn ein Parteiprog­ramm ist vorerst nicht mehr als eine Ansammlung gut gemeinter Grundsätze, an die sich in der Praxis niemand hält, wenn es gerade nicht passt. Die große Frage wird also sein, wie es gelebt wird. SPÖ-Chef Christian Kern hat diesbezügl­ich bereits einen Hinweis gegeben: „Wir müssen schon auch aufpassen, dass wir nicht den Anschluss an die Mitte verlieren“, sagt er. Das klingt weit weniger mutig. Das klingt mehr nach der altbekannt­en Hinund-Her-Kompromiss­politik, die Kern in Migrations­fragen schon so unscharf hat werden lassen.

Auch im neuen roten Programm windet sich die SPÖ um das Thema. Im Kapitel „Miteinande­r stärken“wird über Integratio­n schwammig philosophi­ert. Zur „Sicherheit“stellen die Roten Überlegung­en zum sozialen Frieden an. Auch mit diesem Programm bleibt die ewige Unsicherhe­it in der SPÖ, wie man mit dem Thema Migration umgehen soll. Klassisch linke Gedanken getraut sich hier auch eine linke Partei nicht mehr niederzusc­hreiben.

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