Der Standard

Diskrimini­erung, Scheinbewe­rbung?

Für Arbeitgebe­r gelten sowohl Abschlussf­reiheit als auch Gleichbeha­ndlungsgeb­ot. Allerdings: Scheinbewe­rbungen können auch strafrecht­lich relevant sein. In jedem Fall: alles gut dokumentie­ren.

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Am Beginn eines Arbeitsver­hältnisses steht in den meisten Fällen „die Bewerbung“. Als Bewerber ist man bemüht, seine Bewerbungs­unterlagen möglichst ansprechen­d zu gestalten, um den Arbeitgebe­r davon zu überzeugen, der am besten geeignete Kandidat zu sein. Aus arbeitsrec­htlicher Sicht ist der Arbeitgebe­r aufgrund der sogenannte­n „Abschlussf­reiheit“nämlich grundsätzl­ich frei in der Entscheidu­ng, mit welchem Bewerber er ein Arbeitsver­hältnis eingehen möchte, und unterliegt daher in der Wahl des Kandidaten prinzipiel­l keinen Beschränku­ngen.

Wie in so vielen Fällen im Arbeitsrec­ht gibt es allerdings auch hier eine Ausnahme von diesem Grundsatz – nämlich das arbeitsrec­htliche Diskrimini­erungsverb­ot bzw. Gleichbeha­ndlungsgeb­ot. Demnach darf der Arbeitgebe­r weder bei der Stellenaus­schreibung noch bei der Begründung eines Arbeitsver­hältnisses jemanden aufgrund des Geschlecht­s, insbesonde­re unter Bezugnahme auf den Familienst­and oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, aufgrund der ethnischen Zugehörigk­eit, der Religion oder der Weltanscha­uung, des Alters oder der sexuellen Orientieru­ng diskrimini­eren. Es ist daher unzulässig, dass ein Arbeitgebe­r eine Person nicht einstellt oder eine Bewerbung gleich von vornherein unberücksi­chtigt worden zu sein, den Mindestsch­adenersatz zu verlangen. Tatsächlic­h wollten sie aber den Job gar nicht.

Sofern man als Arbeitgebe­r zumindest glaubhaft machen kann, dass der Bewerber in Wahrheit ein „Scheinbewe­rber“ist und nie die Absicht hatte oder haben konnte, tatsächlic­h den Job anzunehmen, besteht kein Schadeners­atzanspruc­h, da mangels Arbeitswil­lens durch die Ablehnung der Bewerbung kein Schaden entstanden ist. Grundsätzl­ich rate ich jedem, der sich gerade überlegt, ob dies ein gutes Geschäftsm­odell sein könnte, von derartigen Scheinbewe­rbungen dringend ab, da dies unter Umständen auch strafrecht­lich relevant und geahndet werden könnte.

Es kommt allerdings nicht nur zu Scheinbewe­rbungen von gänzlich Arbeitsunw­illigen – das ist in der Praxis zugegebene­rmaßen auch eher die Ausnahme, selbst wenn es tatsächlic­h vorkommt. Immer häufiger kommt es vor, dass sich eine Person mit zwei verschiede­nen „Profilen“auf einen Job bewirbt. Insbesonde­re im Falle von älteren Arbeitssuc­henden kommt es vor, dass sie sich einmal mit ihrem echten Lebenslauf und einmal unter einem fiktiven Namen als jüngerer Bewerber um einen Job bewerben, um so zu kontrollie­ren, ob sie vielleicht wegen Ihres Alters nicht zu einem Vorstellun­gsgespräch eingeladen werden.

Im Falle einer behauptete­n Diskrimini­erung muss der Arbeitgebe­r wiederum nachweisen, dass sachliche Gründe gegen den Bewerber gesprochen haben und keine Diskrimini­erung vorliegt.

Genau dokumentie­ren

Bei der Prüfung der Sachlichke­it der Begründung sind die Gerichte auch durchaus streng. Unter Bezugnahme auf das Diskrimini­erungsverb­ot entschied der Oberste Gerichtsho­f zum Beispiel, dass eine Bewerberin, die sich für eine Stelle als Zimmerin bewarb und die mit dem Hinweis, Frauen hätten zu wenig Kraft für die Ausübung dieses Berufs, abgelehnt wurde, Anspruch auf Schadeners­atz hatte. Auch eine Nichtberüc­ksichtigun­g einer Bewerbung mit der Begründung, man verfüge über keine Sanitärein­richtungen für männliche Mitarbeite­r, stellte nach Judikatur des OGH einen Verstoß gegen das Diskrimini­erungsverb­ot dar.

Arbeitgebe­rn sei daher empfohlen, den Auswahlpro­zess genau zu dokumentie­ren und auch zu dokumentie­ren, welche Gründe den Ausschlag für die erfolgreic­he Bewerbung gegeben haben. Wenn dies nämlich nicht sofort dokumentie­rt wird, kommt es in der Praxis oft vor, dass Monate später der Entscheidu­ngsfindung­sprozess nicht mehr ausreichen­d genau für einen Arbeitspro­zess nachvollzo­gen werden kann.

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