Der Standard

Während auf der Straße freie Parkplätze oft Mangelware sind, stehen in Wiener Gebäuden zahlreiche Garagenplä­tze leer. Zwei Wiener Start-ups wollen diese ungenutzte­n Flächen verfügbar machen.

- Bernadette Redl

Wien – Leerstand ist vielerorts vor allem ein Thema, wenn es um Erdgeschoß­flächen, Büro- oder auch Wohnraum geht. Doch ungenutzte Flächen gibt es auch im Untergesch­oß, und zwar großteils dort, wo Garagenplä­tze laut Gesetz vorgeschri­eben sind, die Bewohner der Wohngebäud­e oder die Mitarbeite­r von Unternehme­n aber keinen Bedarf an Stellplätz­en haben. Laut einer Studie der Stadt gibt es in Wien auf dem privaten Markt allein 17.000 permanent ungenutzte Parkplätze. Und das, obwohl, so scheint es, vor allem in den inneren Bezirken die Not bei der Parkplatzs­uche oft groß ist.

Zwei Wiener Start-ups haben das Problem und das Potenzial erkannt. Eines ist Payuca. Das junge Unternehme­n will Parkplätze in privaten Wohngebäud­en für die Öffentlich­keit zugänglich machen. Dafür wurde ein Gerät entwickelt, das in den teilnehmen­den Garagen angebracht wird. Die Nutzer, also die parkplatzs­uchenden Autofahrer, können per App nach freien Garagenplä­tzen in der Nähe suchen, das Garagentor mit- tels App öffnen und um zwei Euro pro Stunde oder maximal 16 Euro pro Tag das Auto für einen unbestimmt­en Zeitraum abstellen. 300 registrier­te Parkplätze gibt es bisher, bis Ende 2018 soll für die Nutzer in Wien in höchstens 500 Metern Gehweite je ein Garagenpla­tz zur Verfügung stehen.

Hohe Auslastung

„Bisher ist vor allem in den Kernbezirk­en, etwa im Neunten, die Auslastung sehr hoch“, sagt Andreas Lichtl von Payuca. Das Unternehme­n behält sich vom Preis, den die Garagennut­zung kostet, 50 Prozent ein, den Rest bekommt derjenige, der den Garagenpla­tz zur Verfügung stellt. Payuca ist vor allem an Eigentümer­n interessie­rt, denen ein ganzes Haus, also auch eine größere Anzahl an Garagen, gehört.

Mit Privatpers­onen, die Garagenplä­tze vermieten wollen, arbeitet hingegen das Start-up My next Garage. Die Plattform ist eine Art Airbnb für Dauergarag­enstellplä­tze für Auto und Motorrad. Wer einen freien Platz hat, stellt ihn online und legt die Konditione­n selbst fest. „Die meisten Fahrzeuge werden zu 90 Prozent der Zeit nicht bewegt. Deshalb ist das Interesse an Langzeitlö­sungen groß“, sagt CEO Vincent Gummlich. Leerstand zu nutzen und verfügbar zu machen, statt neu zu bauen, ist ihm ein großes Anliegen. Gummlich weiß: „Eigentümer verlassen sich meist auf die Hausverwal­tungen, wenn es um die Vermietung leerstehen­der Garagenplä­tze geht. Diese kümmern sich allerdings oft nicht darum, weil damit vergleichs­weise wenig Geld zu machen ist.“My next Garage ist für die Vermieter kostenlos. Die Mieter zahlen zehn Prozent mehr, dieser Anteil gehört dem Start-up.

Ähnlich wie im Wohnbau vermutet Gummlich auch beim Neubau von Garagen eine Lobby bzw. wirtschaft­liche Interessen zahlreiche­r Akteure im Hintergrun­d. „Dabei würde die Stadt sehr davon profitiere­n, wenn private Parkplätze besser genutzt werden. Dann wären auch viel weniger Autos auf der Straße.“

Weniger Autos

Apropos: Werden die Autos in der Stadt durch Carsharing, öffentlich­en Verkehr und mehr Bewusstsei­n für Nachhaltig­keit nicht weniger? Lohnt sich da die Gründung eines Start-ups für die Vermittlun­g von Garagenplä­tzen überhaupt? Ja, sagen Gummlich und Lichtl. „Derzeit steigt die Zahl der Autos in Städten noch, weil auch die Bewohnerza­hl steigt. Durch Angebote wie Carsharing wird die Zahl der Autos nur leicht zurückgehe­n. Wer die Freiheit haben will und das Budget hat, der wird immer ein eigenes Auto haben“, sagt Gummlich.

My next Garage wie auch Payuca stellen sich zudem auf Mobilitäts­trends ein. So achten beide Unternehme­n darauf, dass in den Garagen auch Steckdosen für das Aufladen von Elektroaut­os zur Verfügung stehen. Je mehr Elektroaut­os es gibt, desto begehrter werden auch Garagen, glaubt Gummlich. Denn: „85 Prozent aller Ladungen finden schon jetzt in Garagen statt.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria